Denis Lang kämpft mit seinem Chaos im Kopf. Gedanken, Ideen und Gefühle wirbeln herum. Sie drehen sich um die Kunst, die Balance zwischen Arbeit und dem Hobby, das eine Leidenschaft ist, um die Familie, Geld und Zukunft. Der Ingolstädter nutzt ein Werkzeug, um den inneren Dialog zu ordnen und sich selbst besser kennenzulernen: das Malen. Dabei hat der Russlanddeutsche zwei verschiedene Richtungen – zum einen sind seine Werke realitätsnah und detailliert, zum anderen abstrakt. »Besonders im Abstrakten entdecke ich immer Neues von mir selbst«, sagt der 39-Jährige. Die Gänge des neu renovierten und erweiterten Passauer Wolf Reha-Zentrum Ingolstadt tragen nun Denis Langs Handschrift. Insgesamt zwölf Bilder schmücken die drei Ebenen der neurologischen Rehabilitation, die einen Bezug zur Region haben, zur Natur, zu Ingolstadt. Mit seinen farbenfrohen Bildern möchte er den Patient:innen Freude bereiten und ihnen Positives mit auf den Weg geben.
Von der Spielsucht zur Malerei
Bereits als Kind malte Denis Lang gerne mit Bunt- und Bleistiften. Als er 1999, mit 13 Jahren, sein Heimatland mit seinen Eltern verließ und nach Deutschland kam, machte er eine Pause mit der Kunst. »Ich war in der Integrationsphase und fing eine Ausbildung als Werkzeugmacher an, was für mich durch meine schlechten Deutschkenntnisse sehr herausfordernd war. Da blieb erstmal keine Zeit für das Malen.« Durch ein düsteres Kapitel in seinem Leben entdeckte er die Leidenschaft zur Kunst wieder. Er erinnert sich: »2008 bin ich spielsüchtig geworden und habe an einem Tag 800 Euro verzockt. Am nächsten Tag besuchte mich meine Mutter und meinte, ich solle mir für meinen Geburtstag einen Laptop aussuchen. Da wir nur wenig Geld hatten, bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen und sagte, sie solle mir lieber ein Künstlerset kaufen, was sie letztendlich dann auch getan hat.« Sein erstes Bild zu dieser Zeit war eine Rose mit Ölfarben. Weitere Bilder zeigte Denis Lang seinem Chef in der Firma, in der er immer noch als Werkzeugmacher arbeitet. Daraufhin beauftragte dieser ihn, etwas für ihn zu malen. »Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich immer mehr gemalt habe«, sagt der Familienvater, der sich in seiner Wohnung ein kleines Atelier eingerichtet hat.
Ständige Neuanfänge
Seinen ganz eigenen Stil hat er dabei noch nicht gefunden, dafür experimentiert er einfach zu gerne und probiert immer wieder Neues aus. »Ich möchte mich immer weiterentwickeln. Die vielen Ideen in meinem Kopf machen mich verrückt«, lacht er. Auch mit Möbeln habe er bereits experimentiert. »Demnächst will ich vielleicht etwas mit Kleidung machen«, sagt Denis Lang, der zwischenzeitlich sogar eine Ausbildung zum Mediengestalter absolvierte, nun aber wieder als Werkzeugmacher arbeitet. Er ist wie ein kreativer Wirbelwind, der noch nicht wirklich angekommen zu sein scheint. Er selbst beschreibt sich als rastlosen Perfektionisten, der unbedingt den Erwartungen seiner Kunden gerecht werden will. Dabei ist ihm aber, trotz Perfektionismus, eines wichtig: Er möchte frei sein, in dem was er malt. »Ich nehme ungerne Auftragsarbeiten an. Ich spüre dann Grenzen und Rahmen«, sagt Denis Lang und ergänzt: »Wenn ich meine Ideen umsetzen darf, dann bin ich wie entfesselt.« Er braucht die Möglichkeit, zu scheitern, zu zweifeln, neu anzufangen. Wichtig ist es ihm, etwas Einzigartiges zu schaffen und dies in die Welt zu tragen. Sein Name »Unikay Art« leitet sich daher auch vom englischen Wort »unique«, zu Deutsch »einzigartig« ab.
Über die Kunst in die Welt
Um seine Werke zu vermarkten, nutzt Denis Lang seine inzwischen große Reichweite in den sozialen Netzwerken. Seine mittlerweile knapp 34.000 Follower auf Instagram lässt er regelmäßig mit Videos an seinem Malprozess teilhaben. Vor allem begeistern seine kleinen, abstrakten Bilder mit der Spachtel-Technik. »Bei einem Bild hatte ich 700.000 Aufrufe, das habe ich dann auch an einen Kunden aus Hongkong verschickt«, erzählt Denis Lang, der seine Bilder bereits weltweit verkauft. Mit regionalen Kunstprojekten, wie einem Kalender, Ausstellungen, designten Flaschen-Etiketten, Shirts für Touristen oder Trikot-Designs für den ERCI will er sich einen Namen machen. »Das ist hier gar nicht so einfach, weil die Ingolstädter wenig an Kunst interessiert sind«, findet der Russlanddeutsche. Jedes Projekt ist für Denis Lang ein weiteres Puzzle-Stück auf dem Weg zu seiner Identität. Von der Kunst kann der Ingolstädter derzeit aber noch nicht leben. »Ich bin Alleinverdiener, meine Frau hat gerade erst eine Ausbildung angefangen. Dafür reicht es leider noch nicht«, ist Denis Lang ehrlich.
Der Wunsch nach finanzieller Freiheit
Deshalb ist sein größter Wunsch für die Zukunft finanzielle Freiheit. »Ich möchte schon langfristig von der Kunst leben können«, sagt Denis Lang. Ein großes Atelier außerhalb seiner Wohnung – das wärs für ihn. »Ich möchte das tun, was mir Spaß macht. Egal, ob es Bilder sind, die Näherei, Klamotten oder Designs. Ihr werdet auf jeden Fall weiter von mir hören«, lacht der 39-Jährige. Die Frage nach Identität und der Drang, sich selbst neu zu erfinden, ziehen sich nicht nur durch seine Arbeit, sondern auch durch sein Leben.


Was Kreativität mit uns macht
Kreativität hat bedeutende Auswirkungen auf unser Denken, unsere Emotionen und unser Wohlbefinden. Sie ermöglicht, neue Ideen zu entwickeln, Probleme zu lösen und innovative Lösungen zu finden. Studien zeigen, dass kreative Tätigkeiten Stress reduzieren, die Stimmung heben und das Wohlbefinden verbessern können. Die Rolle der Gehirnhälften in der Kreativität ist komplexer als angenommen. Lange galt die Vorstellung, dass die rechte Gehirnhälfte die »kreative Seite« ist, während die linke eher analytisch arbeitet. Heute weiß man, dass Kreativität kein ausschließlich rechtsseitiger Prozess ist. Beide Gehirnhälften arbeiten zusammen und übernehmen unterschiedliche Aufgaben im kreativen Prozess. Die linke Hemisphäre ist für Struktur und Analyse verantwortlich, was hilft, Gedanken zu organisieren, während die rechte mit intuitivem und räumlichem Denken in Verbindung steht und neue Ideen und Assoziationen schafft. Kreativität entsteht durch die Zusammenarbeit beider Hemisphären und ist das Ergebnis eines Zusammenspiels zwischen analytischem und intuitivem Denken. Mihaly Csikszentmihalyi ist bekannt für seine Forschung zum Konzept des »Flow-Zustands«. Der Psychologe definierte »Flow« als einen mentalen Zustand völliger Vertiefung, in dem Menschen so in eine Tätigkeit eintauchen, dass sie das Gefühl für Zeit und äußere Ablenkungen verlieren. Dieser Zustand führt oft zu maximaler Kreativität, Produktivität und Zufriedenheit.
Bildnachweis: Passauer Wolf