Etwa ein Drittel der über 70-Jährigen leiden zeitweise unter Schwindel, wenn sie beispielsweise den Kopf drehen oder neigen, sich hinlegen, bücken oder sich aus einer Liegeposition aufrichten. Die Ursachen können vielfältig sein. Doch der häufigste Grund von akutem Schwindel im Alter ist der sogenannte gutartige Lagerungsschwindel. Niemand ist ihm hilflos ausgeliefert.
Natürlich ist es beängstigend, wenn auf einmal der Boden schwankt, sich alles dreht, man aus dem Gleichgewicht gerät. Die Gefahr von Stürzen steigt. »Nachdem der Schwindel verschiedene Ursachen haben kann, ist es notwendig, zunächst einmal Ursachenforschung zu betreiben«, sagt Dr. med. Oliver Meier, Ärztlicher Direktor im Passauer Wolf Bad Griesbach. »Schwindel könnte auf eine Erkrankung des Innenohrs hinweisen oder das Herz-Kreislauf-System, das Gehirn, die Gefäße oder Nerven betreffen. Auch psychische Belastungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten können Auslöser sein. Doch im Alter kommt der gutartige Lagerungsschwindel am häufigsten vor. Er ist zwar unangenehm, aber nicht gefährlich.«
WIE KOMMT ES ZUM LAGERUNGSSCHWINDEL?
Unser Gleichgewichtsorgan, auch Vestibularapparat genannt, ist Teil des Innenohrs und gehört zu den Sinnesorganen. Bei der Erfassung von Kopfpositionen im Raum spielen die sogenannten Otolithen, mikroskopisch kleine, mineralische Partikel, eine große Rolle: Sie hängen wie winzige Weihnachtskugeln an dünnen Fäden, die auch reißen können. Dann schwirren die »Weihnachtskugeln« haltlos herum, gelangen auch in die Bogengänge und stören die anderen Otolithen: Das Gehirn empfängt widersprüchliche Signale und denkt, man würde einen Salto mortale machen, während man einfach nur im Bett liegt. Das löst den Schwindel aus, den falschen Eindruck, dass der Raum oder die Person sich dreht, schwankt oder sich die Festigkeit von Gegenständen auflöst. Für Betroffene ist der Schwindel beängstigend und unangenehm. Doch durch spezielle, schnelle Lagerungsübungen, die sogenannten Befreiungsmanöver, können die »verirrten« Otolithen wieder aus den Bogengängen katapultiert werden und lösen sich manchmal sogar komplett auf.
DIE GRÖSSTE GEFAHR DES LAGERUNGSSCHWINDELS
Die Angst vor möglichem Schwindel bringt Menschen nicht selten dazu, ihren Aktionsradius erheblich einzuschränken: Längere Strecken zu gehen, nimmt man sich »vorsichtshalber« nicht mehr vor, den täglichen Einkauf bestellt man sich ins Haus, die Boule-Runde mit den Nachbar:innen fällt aus. Mit den Enkeln Ball spielen? Lieber nicht. So kann die an sich harmlose Schwindelerfahrung zum Voranschreiten eines Muskelschwunds (Sarkopenie) oder der Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom) führen, die mit körperlicher Schwäche, verlangsamter Gang- und Denkgeschwindigkeit, reduzierter körperlicher Aktivität und eingeschränkter Organfunktion einhergehen.
DIE GUTE NACHRICHT
»Der Abbau von Muskeln im Alter ist ein völlig normaler Vorgang«, meint Dr. med. Oliver Meier, »doch regelmäßige Bewegung kann Muskelkraft auch wieder aufbauen. Wer auch im Alter Treppen steigt, zum Einkaufen geht, vielleicht zu den Walkingstöcken greift oder sich einer Gymnastikgruppe für Senior:innen anschließt, fühlt sich vitaler und gewinnt Kraft und Lebensfreude. Dazu profitiert jeder Mensch von einer abwechslungsreichen, am besten frisch zubereiteten Ernährung. Falls Sie Freund:innen zum Essen einladen möchten, umso besser: Soziale Bindungen sind wichtig für ein erfülltes Leben. Auch im Alter.«





















