Rund 18.000-mal atmen Erwachsene täglich ein und aus. Mit 80 Jahren haben wir ca. 600 Millionen Atemzüge hinter uns. Dabei ist der Atem mehr als Luft, die in und aus unserem Körper strömt. Er ist Vehikel des Lebens, des Denkens, der Inspiration und in vielen Weltreligionen auch der Seele. Er erfrischt uns, besänftigt, bringt uns in Balance. Der Atem ist eine Kraftquelle, die wir immer bei uns tragen.
Vom ersten bis zum letzten Atemzug: Atmen ist Leben. Unser Atem fließt, meist unbe merkt, in seinem Rhythmus: einatmen, aus– atmen – aufnehmen, loslassen. Im Atmen zeigt sich, dass sich Gegensätze nicht unversöhnlich gegen- überstehen müssen, sondern sich wechselseitig brauchen: Spannung und Entspannung, Nehmen und Geben. Das Einatmen bringt Sauerstoff über die Lunge ins Blut, beim Ausatmen geben wir den verbrauchten Sauerstoff als Kohlendioxid wieder ab: Wir lassen los, geben Altes, Verbrauchtes frei. Raum für Neues entsteht.
SPANNUNG UND ENTSPANNUNG
So fordernd Zeiten auch sein mögen, so verlässlich begleitet uns unsere Atmung. Gleichzeitig ist sie extrem flexibel: Sie passt ihren Rhythmus veränderten Bedingungen an, beispielsweise beim Fahrradfahren, Joggen, Lachen, Singen oder Schlafen. Macht uns etwas Angst oder Ärger, spüren wir unser Herz pochen, und wir atmen schneller. Hektik, Stress, Wut oder Angst bringen unseren Atem aus dem Takt. Umgekehrt können wir uns aber auch besänftigen, entspannen, beruhigen, indem wir unserem Atem Aufmerksamkeit schenken.
ATME LANGSAM
Erwachsene atmen normalerweise 12- bis 16-mal pro Minute. Wer diese Frequenz insbesondere durch verlangsamte Ausatmung reduziert, kann schnell die positive Wirkung spüren. Eine verlangsamte Ausatmung stimuliert den Parasympathikus, der als Teil des vegetativen Nervensystems den Körper dabei unterstützt, auf Entspannung umzuschalten. Das kann auch beim Einschlafen helfen. Doch eine tiefe, langsame Atmung bewirkt bei regelmäßigem Training noch mehr: Sie verbessert die Durchblutung und den Zellstoffwechsel, stimuliert die inneren Organe, stärkt das Immunsystem, verringert die Herzfrequenz, senkt den Blutdruck und die Pulsfrequenz und hilft unsere Gedanken im Hier und Jetzt zu halten.
AUF DEM WEG ZU EINER TIEFEN ATMUNG
Der erste Schritt zu einer tiefen Atmung scheint einfach. Es gilt, den eigenen Atem erst einmal wahrzunehmen: Spüren Sie, wie sich die Bauchdecke hebt und senkt? Sinken beim Ausatmen die Schultern? Bis wohin fließt der Atem? Strömt er hinunter bis in den Bauchraum? Vielleicht fällt es zunächst schwer, die Gedanken bei der Atmung zu halten – nicht schlimm. Wenn Sie bemerken, dass Ihre Gedanken abschweifen, lassen Sie sie ziehen und kehren wieder zu Ihrem Atem zurück. Wer seinen Atemrhythmus gedanklich begleitet, dem fällt die Konzentration meist leichter: »Ich atme ein.« »Ich atme aus.«
DIE VERLANGSAMTE AUSATMUNG
Tiefe Atmung können Sie im Gehen oder im aufrechten, entspannten Sitzen üben. Das gilt auch für die verlangsamte Ausatmung. Suchen Sie sich dafür einen ruhigen Ort, an dem Sie fünf bis zehn Minuten ungestört sind. Nehmen Sie Ihren Atem wahr. Über mehrere Minuten atmen Sie nun jeweils vier Sekunden lang ein und sechs Sekunden lang aus. Diese Übung können Sie natürlich auch zur Entspannung bei Stress im Alltag nutzen. Oder, um üble Gedanken zu vertreiben. Oder, um sich auf einen tiefen, erholsamen Schlaf vorzubereiten.
Bildnachweis: Adobe Stock/Maria Vitkovska





















