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Der Wolf erwacht

Ein Mann in einem blauen T-Shirt malt Graffiti an eine Wand.

Wenn man auf die Fassade des Passauer Wolf Reha-Zentrum Ingolstadt in der Krumenauerstraße 21 blickt, sticht er sofort ins Auge: ein kraftvoller Wolf in intensiven Farben, stolz und lebendig – als würde er gleich aus der Wand treten. Hinter ihm: die Silhouette der Stadt Ingolstadt. Dieses eindrucksvolle Graffiti ist das Werk von Alex Sieg, einem Ingolstädter Künstler, der vor fast 20 Jahren seine Leidenschaft zum Sprayen entdeckte.

Ein Blickfang an der Fassade

»Der Wolf ist das Herzstück«, erzählt er. »Ich habe eineinhalb Tage nur an ihm gearbeitet. Er ist Blickfang und Botschaft zugleich – darum musste er auch perfekt werden.« Entstanden ist das Graffiti als Überraschung anlässlich der Erweiterung der stationären neurologischen Reha im Passauer Wolf Ingolstadt und wurde am 11. Juli im Rahmen der Einweihungsfeier enthüllt. Es sollte etwas Bleibendes sein, denn in diesem Jahr feiert der Standort Ingolstadt 20-jähriges Jubiläum. Das Graffiti ist ein Bekenntnis zur Region, zur Identität des Passauer Wolf – und zur Idee, Heilung und Bewegung mit Energie, Natur und Stärke zu verbinden. »Ich wollte nicht einfach ein Stadtbild sprühen. Ein Tier, wie der Wolf, lebt, bewegt sich, zieht die Menschen in seinen Bann«, sagt Alex Sieg.

Auffälliges Graffiti mit einem Wolf auf der Fassade des Gebäudes

Die Entstehung eines beeindruckenden Werks

Die Planung war akribisch und dauerte so lange wie die Umsetzung selbst. »Ich arbeite mit sogenannten Doodle-Grits, einer Art Raster aus Kritzeleien. Das erstelle ich an der Wand, fotografiere es ab, lege es über den digitalen Entwurf, gleiche Kontraste ab und nutze es dann beim Sprayen als Orientierungshilfe. So stimmen die Proportionen später an der Wand«, erklärt der 32-Jährige, der als User Experience Designer digitale Produkte wie Websites oder Apps so gestaltet, dass sie intuitiv und benutzerfreundlich sind. Rund 60 Farbdosen wurden für das Graffiti verwendet. »Je nach Farbe muss man mehrere Schichten auftragen – Gelb zum Beispiel deckt schwächer. Bei Blau oder Grün reicht oft schon ein einziger Auftrag«, weiß der Wahl-Münchner, der sehr stolz auf sein Werk ist. »Ich komme ja aus Ingolstadt, umso schöner ist es, dass ich einen Gebäudeteil des heimischen Klinikums gestalten durfte. Es ist besonders, so sichtbare Arbeit zu hinterlassen.« Und wie reagieren die Menschen vor Ort auf das Graffiti? Der Künstler lächelt: »Ich werde täglich angesprochen. Besonders von älteren Menschen oder Patienten, die draußen sitzen – sie schauen lange zu, erzählen mir ihre Eindrücke. Das ist ein schönes Miteinander.«

Der Weg zum Künstler

Mit 13 Jahren stand er das erste Mal mit einer Spraydose vor einer Wand – heute, fast zwei Jahrzehnte später hat sich aus dem neugierigen Teenager ein professioneller Künstler entwickelt. Seine Reise begann an der Graffiti-Brücke in Unsernherrn. »Ich bin da oft durchgefahren. Damals wie heute gibt es dort beeindruckende Werke – auch von bekannten Künstlern. Das hat mich einfach gepackt«, erinnert er sich. Schon als Kind malte er viel. Die Sprühdose war da nur der nächste Schritt: »Ich habe mir einfach eine gekauft und losgelegt.« Was ihn bis heute fasziniert, ist die Direktheit des Mediums. »Es geht schnell. Du kannst mit der Sprühdose Farben in einer Intensität auftragen, wie es mit dem Pinsel kaum möglich ist. Diese Strahlkraft – das ist einfach einmalig.« Alex Sieg hat seinen eigenen Stil entwickelt. »Ich komme ja aus dem Design-Bereich und mir ist es wichtig, den Fokus auf die grafischen Elemente zu richten. Beim Graffiti-Sprayen ist es üblich, die Farben zu verblenden, das sogenannte fading, davon will ich weg. Ich möchte große Farbflächen kreieren.«

Ratschläge für aufstrebende Künstler und zukünftige Projekte

Was er jungen Künstlern mitgeben würde? »Nicht ans Geld und Publicity denken. Üben, ausprobieren, sich den eigenen Stil erarbeiten. Der Rest kommt von selbst. Meine Motivation war es auch nie, damit Geld zu verdienen. Ich mache es, weil es mir Spaß macht und ich mich kreativ austoben kann«, sagt Alex Sieg und ergänzt: »Ich lerne durch das Sprayen auch viele neue Leute kennen, auch außerhalb Deutschlands z. B. in Taiwan oder Hongkong, wo ich schon öfter gesprüht habe.« Sein nächster großer Auftrag ist ein Graffiti in einer Tennisanlage in München. »Aber dieses Projekt hier – das bleibt etwas Besonderes.« Alex Sieg hat einen Wolf erschaffen, der mitten im öffentlichen Raum zum Leben erwacht ist.

Bildnachweis: Passauer Wolf

Ausgaben: Frühling/Sommer 2025
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