FRAGEN ZUR NATUR …
Reigen der Jahreszeiten: Vom Winterschlaf zum Frühlingserwachen, vom Abendrot zur Morgendämmerung, vom Samen zur Frucht – kontinuierlich wandelt sich die Natur. Sie schenkt uns Zeitalter, Zyklen, Tage, Nächte; den einen Augenblick, in dem ein Schmetterling seinen Kokon verlässt. Immer erzählt sie uns vom Wachsen und Werden. Und vom Vergehen.
Im Herbst, vor der winterlichen Vegetationsruhe, leuchtet die Natur noch einmal in prächtigen Farben. Sonnensüß liegen Äpfel und Birnen in den Körben, die Kinder sammeln Kastanien. Spätestens jetzt horten Eichhörnchen ihre Wintervorräte. Die Ernte ist eingefahren. Ein scharfer Wind fährt durch die Baumkronen. Über die Stoppelfelder legt sich zäher Nebel. Wölfe, Hirsche oder Füchse hüllen sich in einen dicken Pelz, Eulen entwickeln ein dichteres Gefieder und stellen ihre Nahrung – mangels Insekten – z.B. auf kleine Säugetiere um, Fledermäuse, Igel oder Haselmäuse fressen sich ihren Winterspeck an und ziehen sich in frostsichere Verstecke zurück. Mit Abnahme der Tageslänge und dem Temperaturrückgang entziehen die Bäume ihren Blättern die Nährstoffe: Jetzt tanzt das Laub durch die Luft, segelt zu Boden und polstert womöglich noch das Winterquartier eines Siebenschläfers. Dann ist Ruhe. Die Winterschläfer senken ihre Körpertemperatur, reduzieren den Stoffwechsel, verlangsamen die Atmung, sparen so Energie und ruhen – bis die Frühlingssonne die Erde wieder erwärmt und sich in Samen oder Knollen junges Leben regt. Die Winterschläfer räkeln sich – draußen wartet frisches Grün. Ein neuer Kreislauf beginnt.
ANTWORTEN ZUM LEBEN …
Jeden Tag zeigt uns die Natur: Nichts bleibt, wie es ist. Nichts lässt sich festhalten. Alles fließt. Wir lauschen dem Ruf des Kuckucks, bis der Wind ihn fortträgt. Kaum atmen wir den süßen Duft der Holunderblüten, schon kochen wir Marmelade aus den schwarzen Beeren.
Die Natur erzählt uns, dass es unmöglich ist, Vergangenes fest zuhalten. Wir können zwar Erinnerungen sammeln, Fotos, Briefe, eine Schatztruhe anlegen für unser Eintauchen in schöne Momente der Vergangenheit und dabei auch Freude tanken. Doch ist eine Erinnerung niemals das Erlebnis. Dem Foto der Geburtstagstorte fehlt das Klingeln an der Wohnungstür, das Gejohle der Gäste, die Wärme der Umarmungen. Leben können wir Menschen nur im Hier und Jetzt. In diesem Augenblick. Diesen gilt es wahrzunehmen, zu genießen, zu nutzen, zu gestalten. Über alle Phasen und Zeiten sind wir selbst die Gestalter:innen unseres Lebens.
GESCHENKE DER NATUR
Umgeben von Bäumen und Wiesen, am Ufer eines Bachlaufs oder Sees, auf einer Parkbank oder im Wald gelingt es den meisten Menschen, Ruhe und Kraft für ihren fordernden Alltag zu sammeln. In Japan ist das »Baden in der Waldluft«, »Shinrin Yoku«, bereits seit Jahrzehnten als Gesundheitsvorsorge anerkannt. Denn Waldbaden stärkt nicht nur das Immunsystem, sondern senkt nachweislich auch den Stresspegel, beruhigt, entspannt und erhellt das Gemüt.

VERBUNDEN SEIN
Das tiefe Einlassen auf die Natur hilft unsere Wahrnehmung zu öffnen. Wir stellen alle Sinne auf »on«: Da ist der harzige Geruch der Bäume, das Rascheln der Blätter, der Schritt über weiches Moos und knorrige Wurzeln. Der Alltagsstress löst sich, weicht der Schönheit des Augenblicks. Dort erzählt uns das Gras, dass es nicht schneller wachsen kann, wenn man an ihm zieht. Wir erfahren, dass auch ein Baum einfach wächst, so wie er kann – je nach der Beschaffenheit des Bodens, den Lichtverhältnissen, dem Wetter. So ein Baum fragt nicht, ob er schön, ob er gut genug ist. Heitere Gelassenheit stellt sich ein. Der Atem fließt freier. Wir empfinden eine tiefe Verbindung mit der Natur – mit allem, was lebt.
Bildnachweise: Adobe Stock/Miroslav, Adobe Stock/AA+W






















