FRAGEN ZUM WOLF …
Der Gesang der Gemeinschaft und des Einvernehmens, des Vertrauens auf einen Zusammenhalt und daraus resultierend dem Schutz und der Geborgenheit einer Gruppe. Sie ist die Grundlage für das Entwickeln eigener Stärke und die Möglichkeit der Hoffnung auf ein selbstbestimmtes, freies Leben. All das kann dem einen Angst machen oder aber den anderen ermutigen sich eigenständig auf die Spur nach den eigenen Zielen und Bedürfnissen zu machen.
Wolfsspuren sind ein interessanter Weg Suche ist nach neuen Wegen und weiser, wenn man auf der Perspektiven, nach Schicksalsschlägen oder einer Krankheit. Mit neuen Lebenssituationen zurechtkommen, dafür braucht man Mut, seine Instinkte und eine gute Intuition, aber auch starke Partner, die einen unterstützen mit Know-how und Empathie. Als Grundlage dient das Entdecken einer natürlichen Lebensweise, in Verbindung mit einer Einkehr zur Stille und dem Respekt vor den Wundern der Schöpfung, deren Existenz und Wahrnehmung uns Hoffnung und Zuversicht geben kann. Eine Neuentdeckung, ein neuer Anfang in ein inspirierendes Leben, jenseits von Hetze, Stress und Fremdbestimmung, hin zu einem erstarkenden, wachsenden und mutigen Selbst.
DER WOLF ALS LEHRER
Bei den indianischen Völkern Nordamerikas gilt der Wolf als Krafttier, Lehrer, Vorbild, Schamane. Der Wolf steht für Stärke, für Schlauheit, Anpassungsfähigkeit, scharfe Instinkte und ein ausdauerndes Wesen. Problemlos kann er längere Zeit ohne Futter auskommen. Er gilt als ausdauernder Wanderer und sozialkompetentes Wesen mit starkem Familienverbund. Darüber hinaus verfügt er über ein großes Repertoire an Kommunikations- und Ausdrucksmöglichkeiten. Ob das legendäre, gemeinsame Heulen, das dazu dienen kann, dass sich das Rudel wieder zusammenfindet nach Jagd und Reviererkundungen oder einfach nur, um auf sich aufmerksam zu machen. Wer jemals Wölfe heulen gehört hat, wird dieses Lied der Wildnis wohl niemals vergessen. Mir erging es das erste Mal so in Kanada, in der französischen Provinz Quebec. Auf dem Weg zu einer Blockhütte standen wir plötzlich zwei Wölfen gegenüber. Am Abend heulte das Rudel in der Dämmerung an dem großen See. Es war für mich wie ein Leitthema oder -motiv, das mich nie wieder loslassen sollte.
… ANTWORTEN ZUM LEBEN
Schon oft war er ihnen auf der Spur, die vom Bayerischen Wald nach Kanada oder Rumänien reicht. Seit über 20 Jahren ist Ex-Tatort-Kommissar Andreas Hoppe fasziniert von Wölfen. Der NABU-Wolfsbotschafter erzählt in seinem Buch von der Spur, die die Wölfe bei ihm hinterlassen haben.
Wenn der Wolf geschlechtsreif wird, verlässt er üblicherweise sein Rudel, um eine eigene Familie zu gründen. Ansonsten leben Wölfe in Rudeln von meistens fünf bis zwölf Tieren, bestehend aus Elterntieren und den Nachkommen. Die Rückkehr der Wölfe ist für uns alle, aber vor allem für die Weidetierhalter, sicherlich eine Herausforderung. Nach fast zweihundert Jahren ohne Beutegreifer in unserer Natur bedarf es einer starken Motivation und Wissensgrundlage, um den Aufwand in Kauf zu nehmen. Es verlangt eine Auseinandersetzung mit den neuen Nachbarn und nur, wenn es darüber einen Konsens gibt, und wir bereit sind uns um die Natur und ein Miteinander zu bemühen, wenn wir Sinn und Nutzen erkannt haben, hat der Wolf eine Chance. Deshalb sehe ich den Wolf auch stellvertretend für unseren Umgang mit der Natur.
IST ES UNS DER MÜHE WERT?
Wer hat noch Kontakt mit der Natur? Wer ist damit noch verbunden, mit Empathie, Achtsamkeit und Freude? In Zeiten des sechsten großen Artensterbens, wie unsere Zeit von Wissenschaftlern genannt wird: Wer hat den Mut und das Interesse, ihr auf Augenhöhe zu begegnen und eine Koexistenz zu ermöglichen, wie sie von der EU gefordert wird? Diese Frage kann sich nur jeder selbst beantworten. Oft ist dabei Angst im Spiel, aber sollte das die Grundlage für weitreichende Entscheidungen sein?
Erstaunlicherweise gibt es hauptsächlich in Deutschland so viele negative Märchen und Erzählungen. Bei meiner Recherche zum Buch habe ich ganz andere, zum Teil wunderschöne Märchen aus anderen Ländern entdeckt. Finnland, Russland, Nordamerika und Italien, um nur ein paar zu nennen. Für mich gehören Wölfe in unsere Natur und die historische Chance einem von Menschenhand ausgerotteten Tier, durch seine Unterschutzstellung eine zweite Chance zu geben und uns auch, es diesmal besser zu machen, fasziniert mich. So eine Möglichkeit werden wir nicht oft erhalten im Wettrennen um den Verlust der Artenvielfalt, jede Minute verschwinden Lebewesen für immer von dieser Welt.
RÜCKBESINNUNG
Es geht für mich bei der Rückkehr der Wölfe um eine Rückbesinnung und das Wiederentdecken der Natur mit all seinen Geschenken und der Erfahrung unserer eigenen intuitiven und heilsamen Kräfte. Jahrelang sind wir mit den Wundern erschreckend oberflächlich und beiläufig selbstverständlich umgegangen. Dabei verbindet sich für mich die Natur mit einer kindlichen Freude über all die vielen Wunder, die es zu entdecken gibt, deren heilende Kraft uns allen verloren gegangen zu sein scheint. Für den einen sind es Pflanzen, sind es Bäume oder das Säen, Pflegen und Ernten von Gemüse oder Obst, der Umgang mit Tieren, ob groß oder klein. Für die anderen sind es Wanderungen oder Touren mit dem Kanu, um Landschaften und Ökosysteme zu erkunden.
AUTONOM UND LEBENDIG
Ich habe durch die Natur entdeckt, dass es ein Leben im Jetzt und Hier geben kann, ohne Gestern und Morgen, die Chance allein durch das Erstaunen und Freude über die Wunder, im Augenblick anzukommen. Der Wolf steht für mich für eine eigenständige und autonome Natur, die sich aus sich selbst heraus entwickelt und lebt. Ohne dass der Mensch ständig reguliert und begrenzt, um zu entscheiden über nutz oder unnütz. Ich sehe die einzige Chance für eine Koexistenz mit dem Wolf bzw. der Natur darin, sich selbst dafür zu interessieren und schlau zu machen, hinzuschauen und die eigenen Zielsetzungen zu überprüfen, um wieder eine Verbindung mit der Natur einzugehen. Mit der Aussicht auf Heilung und Selbsterkenntnis, im Wahrnehmen und Erkennen der neuen Nachbarn. Wie der Rektor der philosophisch-theologischen Hochschule im Münsterland, Prof. P. Dr. Ludger Ägidius Schulte, OFM Cap, es formuliert: »Anstatt etwas zu bekämpfen und auszurotten, ist es immer besser, etwas anzuschauen und auf Augenhöhe zu kommen, es in mein Leben hineinzunehmen und nach seinem Sinn zu fragen.« Die Gegenwart und der Kontakt mit Wildtieren ist uns fremd geworden, mit dem Resultat, dass wir dabei auch den Umgang mit unserer eigenen Kraft und Wildheit, unseren Instinkten, intuitiven Kräften und wahren Bedürfnissen verloren haben und immer weiter verlieren werden. Wollen wir das?
Bildnachweise: Philipp von Recklinghausen, Thomas Henning, Wiebke Loeper, verlagshaus.de