Nach einer Covid-Erkrankung und einer langen, fordernden Post-Covid-Phase kämpft sich Elina Miroschin zurück ins aktive Leben.
22 Jahre ist Elina Miroschin alt. Sie ist Soldatin auf Zeit, im Logistikbataillon stationiert. Elina Miroschin kümmert sich um die Materialbewirtschaftung bis hin zur Verwaltung der Waffenkammer, arbeitet am Computer, liefert aus, tauscht Gebrauchtes gegen Neues, fährt mit den Soldaten in die Bekleidungskammern, absolviert die militärischen Ausbildungen. Ihr Aufgabenspektrum ist riesig, vielfältig, abwechslungsreich. Elina Miroschin hat den Job gefunden, der zu ihr passt. Im November 2020 hilft Elina Miroschin im Rahmen der Amtshilfe in einem Alten- und Pflegeheim in Deggendorf aus. »Das war zu Corona-Hochzeiten«, erzählt sie. »Wir haben die Pflegekräfte unterstützt, also Reinigungsarbeiten übernommen, das Essen verteilt und auch mal den Bewohnern zugehört, die hatten ja keinen Besuch mehr, das war wirklich schlimm.«
QUARANTÄNE IM HOTEL
»Ich weiß nicht, wie ich mich infiziert habe«, sagt Elina Miroschin. »Jedenfalls durfte ich meine Quarantäne Ende 2020 im Hotel verbringen. Ich wohnte ja damals noch bei meinem Vater, der schon älter ist, und meine Mutter ist schwerbehindert. Da war die Gefahr, dass ich nach Hause gehe, viel zu groß. Ich hatte die ersten Tage einen relativmilden Verlauf, wie bei einer mittleren Erkältung. Ich bin viel im Bett gelegen, hatte Husten und Schnupfen. Am Wochenende, wenn niemand im Hotel war, durfte ich auf die Terrasse, damit ich ein wenig frische Luft bekomme. Da habe ich gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich bin ganz langsam gelaufen, aber nach fünf Minuten konnte ich schon nicht mehr, mir ist total heiß geworden, die Luft hat gefehlt, ich musste wieder zurück ins Zimmer.« »Als die Quarantäne vorbei war, bin ich zurück in meine Einheit und habe sicherheitshalber einen Lungenfacharzt aufgesucht. Ich dachte, die Krankheit schlägt sich nur auf die Lunge. Es gab ja noch wenig Erfahrung, aber es kamen noch viele Probleme dazu Ich bekam Panik. Ich war ja immer ein kerngesunder Mensch, aktiv, sportlich, ich hatte einen milden Verlauf, war jung. Und auf einmal wusste ich nicht mehr, wohin mich das Ganze noch bringt. Kurz darauf kam ich ins Bundeswehrkrankenhaus und wurde komplett durchgecheckt. Der Arzt sagte: ›Wir haben hier das Bild eines Patienten, der entweder mehrere Schlaganfälle oder mehrere Herzinfarkte hinter sich hat.‹ Mir hat das den Boden unter den Füßen weggerissen.«
WARUM BIN ICH SO ERSCHÖPFT?
»Ein wirklich langer, langer Prozess. Die neurologischen Probleme wurden immer schlimmer. Ich hatte Wortfindungsschwierigkeiten, extreme Konzentrationsstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, war einfach unglaublich müde und erschöpft. Mein Neurologe hatte den Verdacht, dass es das Chronische Fatigue-Syndrom sein könnte. Weitere Tests und Untersuchungen folgten. Und dann die Gewissheit: Ja, ich leide an CFS. Und plötzlich hat alles Sinn gemacht. Warum bin ich so müde? Warum strengt mich jede Kleinigkeit so an? Meinem Alltag komme ich kaum noch hinterher. Einmal zum Einkaufen gehen, das reicht schon. Duschen oder Zähneputzen, das ist wirklich anstrengend.«
UNTERSTÜTZUNG VON DEN KAMERADEN
»Im letzten Jahr habe ich halbtags gearbeitet, vier oder fünf Stunden, je nachdem wie es mir ging. Ich bin auch kurze Strecken mit dem Auto gefahren, laufen war zu anstrengend, Treppen steigen ging sowieso nicht. Computerarbeit ist auch schwierig, da macht mein Kopf nicht mit. Tippen, telefonieren – alles mühsam. Meine Kameraden sind wirklich sehr offen und hilfsbereit mit mir umgegangen. Die haben gefragt ›Wie geht’s dir‹? Und konnten dann nach und nach auch meine Grenzen einschätzen. Sie haben auf meine Pausen geachtet und es hieß immer ›Hey, wenn du es brauchst, geh’ rüber in die Stube, leg’ dich hin und komm’ dann wieder.‹ Da habe ich großes Glück gehabt. Und ich bin auch wirklich sehr dankbar dafür. Meinen engen Kreis zu Hause, meinen Vater, meine Schwester, meine beste Freundin und ihre Schwester und meinen Partner hat meine Geschichte natürlich auch mitgenommen. Mein Partner hat mich im Krankenhaus besucht. Er war für mich da, wenn sich wieder einmal Verdachtsdiagnosen bestätigt haben – ein Schlag nach dem anderen. Ich glaube, das war zeitweise sogar schlimmer für ihn als für mich. Ich hatte mir ja jeden Optimismus abgewöhnt, damit die Enttäuschung am Ende nicht so groß ist.«
Und plötzlich hat alles Sinn gemacht
ICH WILL NICHT NOCH EIN JAHR VOR MICH HINLEIDEN
»Dass ich jetzt hier im Passauer Wolf gelandet bin, verdanke ich meinem Ansprechpartner im Bundeswehr-Krankenhaus, der mir einen Reha-Aufenthalt dringend empfohlen hat. ›Am besten wäre eine Reha-Klinik mit speziellem Post-Covid-Programm‹, meinte er. Auch meine Truppenärztin hat den Gedanken unterstützt, dann eine Stellungnahme geschrieben und alles eingeleitet. Ich bin jetzt seit ungefähr einem Monat hier im Passauer Wolf Reha-Zentrum Bad Griesbach und ich muss sagen, ich habe wirklich große Fortschritte gemacht. Ich schaffe es jetzt, die Treppen bis in den dritten Stock zu gehen. Das ist noch mit Anstrengung verbunden, aber die Therapien wie Krankengymnastik, Radfahren oder Rückenschule haben mir viel gebracht. Ich habe deutlich mehr Luft, Kraft und Kondition. Ich zittere nicht mehr bei jeder Anstrengung gleich weg. Auch das mit meinem Kopf ist deutlich besser geworden – gerade durch das Computertraining, durch Sprachtherapie, Wortfindungstraining und solche Sachen. Das merkt man nicht gleich. Am Anfang war’s noch schwierig. Nach einem Jahr voller Enttäuschungen denkt man ja, das wird auch mit der Reha nichts. Aber es ist genau das Gegenteil eingetreten.« »Ich habe jetzt noch einen Monat vor mir. Das wird ein Power-Monat! Ich will noch an Kraft und Stabilität zulegen. Nordic Walking habe ich hier ganz neu für mich entdeckt. Da dachte ich zuerst, das ist nichts für mich, ich bin ja Bergsteiger. Das ist doch eher was für Rentner. Dann war ich bei dieser Einführung und seither gehe ich in dieser wunderschönen Gegend hier walken. Natürlich bin ich auch froh über die Entspannungstherapien, Massagen zum Beispiel. Zweimal die Woche habe ich Thorax-Massage. Da werden die verspannten Knoten ausmassiert. Und jedes Mal merkt man, ah, da tut’s nicht mehr so weh am Schulterblatt oder im Nacken. Es wird besser. Fango ist supertoll. Ich bekomme auch Quark- und Heublumenwickel. Das sind dann 15 Minuten nur für mich. Ich werde zugedeckt, entspanne. Man kümmert sich um mich.«
ES GIBT EINEN AUSWEG
»Natürlich freue ich mich jetzt auch darauf, meine Liebsten wiederzusehen, auf ein selbstständigeres Leben, auf meine gewohnte Umgebung, darauf, wieder arbeiten zu können. Vielleicht nicht gleich 100%, es ist halt ein Prozess und es gibt immer noch Luft nach oben. Die Reha war der erste große Schritt in die richtige Richtung. Und ich möchte mich beim ganzen Team bedanken. Hier steht immer jemand hinter einem. Man wird hochgehoben. Und alles wird dafür getan, dass es einem besser geht. Betroffenen Menschen möchte ich noch sagen: Gebt niemals auf. Ihr könnt aus dieser Spirale herauskommen. Ihr kommt da wirklich wieder raus, auch wenn man das erst nicht sieht.«
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