Die Arbeitswelt wird zunehmend dynamischer. Im Durchschnitt erlernt ein Mensch im Laufe seines Lebens ungefähr fünf bis sieben verschiedene Berufe. Egal, ob die persönliche oder fachliche Entwicklung durch eine Beförderung, einen Jobwechsel oder einen Quereinstieg vorangeht: Klar ist, wo Mut zur Veränderung besteht, treffen vielfältige Erfahrungen und Perspektiven aufeinander. Eine wertvolle Bereicherung wie wir finden. Vier Mitarbeiter:innen des Passauer Wolf lassen uns in ihre Lebensläufe blicken. Sie erzählen uns davon, wie ungewöhnliche Entwicklungen Außergewöhnliches hervorbringen und dass auch Umwege zum Ziel führen. Und nicht zu vergessen: Wie wertvoll die Bereitschaft ist, Neues zu wagen und zu lernen.

Esra Badak, Assistenz Neuropsychologie
Der Passauer Wolf war Esra Badak schon seit ihrer Kindheit vertraut, denn ihre Mutter arbeitet hier bereits seit 32 Jahren. Sie kannte das Haus also von klein auf, hätte aber nie gedacht, dass sie eines Tages selbst hier tätig sein würde. Sie machte eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und 2021 ergab sich dann die Gelegenheit, als Mitarbeiterin am Empfang einzusteigen. »Es war spannend, die Abläufe und den Alltag aus dieser Perspektive kennenzulernen und es war eine entscheidende Station auf meinem beruflichen Weg«, blickt Esra Badak auf ihre Anfänge zurück. Mit der Zeit wurde ihr klar, dass sie mehr wollte – tiefer in die Arbeit mit Menschen eintauchen, und zwar auf einer anderen Ebene. Psychologie und Gesundheitsthemen haben Esra Badak schon immer fasziniert und sie verspürte den Wunsch, sich weiterzuentwickeln, Neues zu lernen. Sie entschied sich für ein Studium. Doch für Esra Badak blieb die Frage: »Wie könnte ich meine Arbeit mit einem Studium in diesem Bereich kombinieren, sodass beides sinnvoll ineinandergreift?« Denn die Vorstellung nur im Hörsaal zu sitzen und sich mit theoretischen Inhalten zu befassen, fand sie nicht besonders spannend. Dann kam der Moment, der alles veränderte. »Im Passauer Wolf wurde die Stelle als psychologische Assistenz in der Neuropsychologie ausgeschrieben – und ich wusste sofort: Das ist meine Chance. Diese Tätigkeit würde es mir ermöglichen, Theorie und Praxis zu verbinden. Es war der perfekte Moment, um den nächsten Schritt zu wagen. Ich bewarb mich und sprach mit der Teamleitung über mein Vorhaben. Und es hat geklappt. Ich begann berufsbegleitend mein Studium in Gesundheitspsychologie und Medizinpädagogik und bekam die Stelle. Ich bin bis heute sehr froh und dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Natürlich war es ein großer Sprung – vom Empfang in die Neuropsychologie – und es hat mich viel Mut gekostet. Aber meine Begeisterung, näher an den Menschen zu arbeiten und tiefer in die menschliche Psyche einzutauchen, überwog. Rückblickend war es die beste Entscheidung, diesen Weg zu gehen. Es hätte sich schlichtweg falsch angefühlt, es nicht zu tun«, resümiert Esra Badak ihren bisherigen außergewöhnlichen Werdegang, den sie im Passauer Wolf schon zurückgelegt hat.

Oliver Weithmann, Leitung Personal
Was passiert, wenn man beruflich die Richtung ändert, hat sich auch Oliver Weithmann getraut auszuprobieren. Ursprünglich ist er Physiotherapeut. Zwei Praktika, in denen er die Arbeit mit Kindern mit Krankheiten oder körperlichen Behinderungen kennen und schätzen lernen durfte, haben ihn auf diesen Weg geführt. Fasziniert hat ihn vor allem, direkt zu sehen, wie die Unterstützung bei den Menschen ankommt und wie man helfen kann, Grenzen zu verschieben. 2012 kam er ins Team des Passauer Wolf Bad Griesbach und behandelte überwiegend schwerbrandverletzte und orthopädische Patient:innen. Doch er merkte schnell, dass er sich breiter aufstellen wollte, um perspektivisch vielleicht auch eine Führungsrolle übernehmen zu können. Und so absolvierte er ausbildungs- und berufsbegleitend ein Bachelorstudium im Bereich Physiotherapie. Er begleitete als Ausbilder Praktikant:innen und wurde in den Betriebsrat gewählt. Als ihm die Stelle als Assistent der Geschäftsleitung angeboten wurde, überlegte er nicht lange. Durch seine Arbeit im Betriebsrat wusste er schon, dass ihm die Arbeit »hinter den Kulissen« im Bereich der Verwaltung gefällt. Über die Themen Recruiting, Bewerbermanagement und Mitarbeiter:innen-Betreuung hat sich sein Aufgabenschwerpunkt in Richtung Personal verschoben. Mit dieser Erfahrung im Gepäck übernahm Oliver Weithmann die Leitung der Personalabteilung 2019. »Zu Beginn weckt das Unbekannte oftmals Zweifel und Unsicherheiten. Der Wechsel von der Therapie in die Assistenzstelle und danach in die Personalabteilung waren für mich als Quereinsteiger schon echt herausfordernd. Aber bereut habe ich es nie. Viele Fortbildungen und das Lernen an alltäglichen Aufgabenstellungen haben mir geholfen. Um meine Kenntnisse weiter zu vertiefen, mache ich gerade eine Weiterbildung zum Personalfachkaufmann«, erklärt uns Oliver Weithmann. Auf die Frage, ob er den »Umweg« über die Therapie nochmal wählen würde, kriegen wir ein klares »Ja« als Antwort. Als Kind hatte Oliver Weithmann den Wunsch »Richter« zu werden, was für ihn jemand war, der Dinge repariert und richtet. Auch wenn er diesen Traum nicht direkt verfolgt hat, ist er zufrieden mit seiner Position als Personalleiter: »Es ist ein gutes Gefühl, wenn ich durch meine Arbeit dazu beitragen kann, Lösungen zu finden und Konflikte zu klären oder Mitarbeitende eine faire Lösung für ihr Anliegen finden. In diesem Sinne habe ich meinen kindlichen Wunsch, Dinge zu richten, auf eine neue, spannende Art und Weise erfüllt.« Für Außenstehende mag es zunächst so aussehen, als gäbe es in Oliver Weithmanns Lebenslauf ziemliche Richtungswechsel. Für ihn jedoch hat es sich nie so angefühlt. Ein Schritt ergab den nächsten – auch durch seine Bereitschaft immer weiter zu lernen und sich auf Neues einzulassen.

Elena Polinski, Pflege
Elena Polinski träumte schon als Kind davon, Erzieherin oder Krankenschwester zu werden. 1992 kam sie mit 16 Jahren von Kasachstan nach Deutschland, belegte einen Sprachkurs in Landshut und begann dort – ganz dem Kindheitstraum entsprechend – eine Ausbildung zur Krankenschwester. Doch persönliche Gründe und die sprachliche Unsicherheit führten dazu, dass sie die Ausbildung abbrach. Sie wurde arbeitslos. Es folgte eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme in der Sozialpflege, ein Kurs zur Pflegehelferin und ein Praktikum in der Altenpflege. 1997 führte sie ihr Weg in den Passauer Wolf, wo sie bis heute eine große Stütze im Team ist. »Anderen zu helfen, das Gefühl ein Teil von etwas Größerem zu sein und einen sinnvollen Beitrag zu leisten, gefällt mir. Die Wertschätzung, die man von den Menschen erhält, denen man hilft, ist eine starke Motivation«, erklärt Elena Polinski, was sie an ihrer Arbeit schätzt. Vor kurzem hat sie nun doch noch einmal den Schritt gewagt und die Ausbildung zur Pflegefachkraft ein zweites Mal angepackt: »Das war so schwer für mich. Ich überlegte lange, ob ich das schaffen kann. Doch ich habe es gewagt und lernte erst mal wieder zu lernen.« Beim Durchhalten hilft ihr der Austausch mit anderen Auszubildenden und die Unterstützung der Familie, Kolleg:innen und Vorgesetzten. Und dass sie ein klares – inzwischen greifbares – Ziel hat, sich einen Kindheitswunsch damit erfüllt. »Natürlich ist es anstrengend, aber ich weiß auch, dass es ein vorübergehender Abschnitt ist, der mir viele Türen öffnet, wenn ich ihn erfolgreich beende«, beschreibt sie ihre Motivation. Rückblickend betrachtet würde sie ihren Weg wieder so gehen, da die Zeit damals einfach noch nicht reif dafür war. Gut zwei Jahrzehnte später ist sie das und der große Erfahrungsschatz, den sie zwischenzeitlich gesammelt hat, hilft Elena Polinski heute, in stressigen und emotionalen Situationen ruhig und einfühlsam zu bleiben.

Elisabeth Handschuh, Reha-Assistenz
Dass man über die Logistik- und Einkaufsabteilung für Versuchswerkzeuge eines Automobilherstellers in die Funktion der Reha-Assistenz in die Neurologie gelangen kann, zeigt der ungewöhnliche Weg von Elisabeth Handschuh. »Nach meiner Elternzeit konnte ich nur noch in Teilzeit arbeiten. Der lange Anfahrtsweg und die Öffnungszeiten des Kindergartens machten eine Weiterbeschäftigung bei meinem früheren Arbeitgeber unmöglich. Ich musste schweren Herzens kündigen. Aber so führte mich mein Weg in den Passauer Wolf Bad Gögging«, erzählt Elisabeth Handschuh. Aufgrund der Nähe ließ sich die Arbeit dort sehr viel besser mit dem Familienalltag vereinbaren. Sie begann im Lager als Urlaubs- und Krankheitsvertretung. »Die Umstellung von einem großen Konzern in den Mittelstand war riesig. Aber ich empfand es als sehr positiv. Da die Abteilung krankheitsbedingt schlecht besetzt war, musste ich sehr schnell alles lernen – aber es wurde mir auch zugetraut. Das motiviert ungemein«, erklärt sie diese Phase. Nach einigen Jahren im Lager führte sie ihr Weg in die Medizinische Leitstelle. Das Aufgabengebiet vergrößerte sich, aber mit der Herausforderung wuchsen auch die Kenntnisse von Elisabeth Handschuh. »Meine Motivation hat mir dabei geholfen«, erzählt sie uns. »Durch die Tätigkeit hatte ich viel Kontakt zu den Kolleg:innen am Servicepunkt der Neurologie. Das Team dort fand ich von Anfang an total nett. Und auch die Arbeit mit Menschen interessierte mich immer mehr. Als dort eine Stelle frei wurde, bewarb ich mich und wurde genommen. Heute möchte ich den täglichen Umgang mit unseren Patient:innen nicht mehr missen. Ich mag es einfach, wenn ich ihnen weiterhelfen kann, ihnen die Auskunft geben kann, die sie gerade brauchen. Das macht zufrieden.« Ein wirklich außergewöhnlicher Weg, der zu Beginn eher ein »Plan B« war, hat sich für Elisabeth Handschuh zu einem Beruf entwickelt, der ihr Freude bereitet – weil sie Herausforderungen mutig anpackt.
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