Lampenfieber, Aufregung, Glück — Mitarbeiter des Passauer Wolf erzählen, wie es sich anfühlt, über den eigenen Schatten zu springen: das erste Mal Wellenreiten, 24-Stunden-Radrennen, American Football schauen oder ein Job in einem neuen Land.
»Ich schaffte das 24-Stunden-Rennen in Kelheim. Und das nach einer Knie-OP. Bis heute geht unser damaliges Klinikteam gemeinsam radeln: vom Hausmeister bis zum Chefarzt.«
Birgit Lederer Team Leitung Pflege (Bild oben)
Jahrelang konnte ich keinen Sport treiben, bis mir 2014 – nach einigen Knie-OPs – ein neues Knie implantiert wurde. 2015 dann begann ich mit lockerem Radfahren, einfach weil mein Arzt es mir riet. So kamen wir aus Spaß auf das 24-Stunden-Rennen. Unser Teamtherapeut flexte: »nimm doch teil!« Man muss nämlich nicht 24 Stunden alleine fahren, man kann auch im Fünferteam eine Art Staffel radeln. Aber ich hatte Bedenken: In meinem Alter, damals leicht übergewichtig, absolut untrainiert und mit dem ‚Plastikbeinchen‘… Andererseits liebe ich Herausforderungen und sagte zu. Ich besorgte mir einen neuen Renner und trainierte fünfmal die Woche, ein halbes Jahr lang. 4000 km! Das 24-Stunden-Rennen wurde zu meinem schönsten Erlebnis der letzten Jahre. Es kamen viele Freunde und vor allem auch Kollegen, die uns enthusiastisch anfeuerten und den Berg hochpushten. Bis heute trifft sich unser Team, vom Hausmeister über Pflegekräfte bis hin zum Chefarzt. So ein Wettkampf verbindet ungemein. So sehr, dass wir es heuer noch einmal wagen werden.
Andreas Buck Patienten Management
Weil ich ein neugieriger Mensch bin und gerne Dinge ausprobiere, meldete ich mich 2006 in einem Surf Camp an. Mich hat der Lifestyle von Surfern immer fasziniert, diese Freiheit beim Wellenreiten. Irgendwann kam mein erster Take Off, der Moment, in dem man auf dem Brett in den Stand kommt. Es klappte, ich stand! Ich war absolut euphorisch und klar und obwohl der Moment nur wenige Sekunden lang war, schien er ewig zu dauern. Die Zeit stand still. Alles Leid, alle Sorgen oder der Ärger über die Ungerechtigkeit auf unserer Welt waren einfach weg. Es gab nur das Wasser, die Welle, den Himmel, mein Board und mich, verschmolzen in diesem unglaublichen Moment und dem Gefühl des Glücks. Meine Sicht auf die Dinge? Ich schaue jeden Morgen auf meine Surf App: Wie ist der Wellengang? Dann erlebe ich diesen Moment nochmal, wie ich mit dem Board durch den Pinienwald zum Strand laufe und lospaddle. So stehe ich täglich lächelnd auf und das Lächeln hält innerlich den ganzen Tag. Mein Leben hat sich in diesem Moment verändert. Ich surfe, wann immer es möglich ist. Und ich weiß nun, dass man nicht wirklich viel braucht, um extrem glücklich zu sein.
»Die Zeit stand still. Alles Leid, alle Sorgen waren einfach weg. Es gab nur das Wasser, die Welle, den Himmel, mein Board und mich, verschmolzen in diesem unglaublichen Gefühl des Glücks.«
Tamara Tschumpil, Stationsleiterin
Es klingt verrückt, aber ich bin völlig wild auf American Football, seit ich mein erstes Spiel gesehen habe. Es ist nicht so, dass ich selbst spiele oder ins Stadion gehe, nein: ich setze mich auf meine Couch – meist sind die US-Spiele nachts – und fiebere vor dem Fernseher mit. Ich weiß nicht genau, wieso ich auf die Idee kam, mein erstes Spiel anzuschauen, aber ich kann mich erinnern, dass ich extra wach blieb und mir sagte: ‚Wenn ich es nicht verstehe oder es blöd finde, schalte ich wieder aus.‘ Aber es war so unterhaltsam! Die Moderatoren sind Deutsche, frühere Spieler, und erklären jeden Zug genau. Ich bin ein sehr geselliger Mensch, aber diese Spiele genieße ich ganz allein. Ich habe so viel dabei gelernt: über Teamarbeit und die Kraft der Gemeinschaft. Darüber, dass jeder Körpertyp, groß, klein, dick oder dünn, eine Position im Team findet. Es kommt nicht auf die Qualitäten an. Sondern darauf, wie man sie einsetzt.
»Einfach unvergesslich: Meine erste Nacht mit American Football.«
Teame Nega Ghirmay, Pflegehelfer
Ich stamme aus Eritrea und flüchtete übers Meer aus Lybien und über Italien. Glücklich, überlebt zu haben. Aber als Flüchtling saß ich in Kelheim fest und wusste nicht, wie es weiter geht. Dort gibt es eine Begegnungsstätte, das Asylcafé. Ich kam mit einer Dame ins Gespräch, der ich erzählte, dass ich Geburtshelfer bin. Das ist bei uns ein Beruf, den Männer und Frauen ausüben. Ich habe ein Diplom, fünf Jahre Erfahrung und kann fast alles, was ein Krankenpfleger kann. »Da muss man etwas tun«, meinte die Dame und half mir, mich beim Passauer Wolf zu bewerben. Ich wurde eingeladen! Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Trotz mangelnder Deutschkenntnisse hat man mich eingestellt. Die Kollegen und Patienten sind so unfassbar nett, ich bin überglücklich. Seit April bin ich als Asylbewerber anerkannt, ich darf nun Deutsch lernen und mein Diplom anerkennen lassen.
»Trotz mangelnder Deutschkenntnisse durfte ich zum Bewerbungsgespräch.«
Bildnachweis: Julian Rupp