Lampenfieber, Aufregung, Glück… Mitarbeiter des Passauer Wolfs erzählen, wie es sich anfühlt, über den eigenen Schatten zu springen: das erste Mal auf einen Berg steigen, ein erstes Konzert auf einer großen Bühne, ein Marathonlauf oder ein Perspektivenwechsel um 180 Grad.
»Das Wort Glück trifft es recht gut. Ein Glück, das sich jedes Mal wiederholt, sobald ich einen schweren Berg geschafft habe und runterblicke.«
Carina Potratz Sekrerärin Der Geschäftsleitung (Bild oben)
Die Berge haben mich schon immer fasziniert, so majestätisch und unbezwingbar. Dachte ich früher jedenfalls, denn oben war ich bis dahin noch nie gewesen. Bis zum Frühjahr 2014. Da wollte ich nicht mehr länger nur unten stehen, sondern endlich hinauf. Um meine Entschlussfreudigkeit warm zu halten, kaufte ich mir gleich gute Bergschuhe und recherchierte realistische Touren. nun gab es keine Ausreden mehr. Als Probeberg wählte ich den Wallberg, 1700 Meter hoch, 900 Höhenmeter. Sportlich für einen Anfänger, aber ich habe eine gute Grundkondition. Früh am Morgen ging es los, anfangs durch den Wald, das letzte Stück dann schon mit diesem unfassbar schönen Blick ins Tal. Was für ein Glück, vom Gipfel hinunter zu schauen. Oben zu sein. Ein Gefühl, dessen man nie überdrüssig wird, egal, wie oft man auf Berge steigt, was ich seither so oft wie möglich tue. Es macht mich stark zu wissen, dass man etwas schaffen kann, wenn man nur will. Auch im Alltag.
Sebastian Forster Diätassistent
Mein erstes Mal auf einer großen Bühne ist schon lange her, Anfang der 80er Jahre. Aber ich werde diesen Moment nie vergessen. Musikerfreunde fragten mich, ob ich auf einer Protestveranstaltung gegen die Wackersdorfer Wiederaufbereitungsanlage spielen möchte. Gitarre und Saxophon. Ich sagte spontan zu, hatte aber recht bald das Gefühl, dass ich mich völlig übernommen hatte. Das Festival war in Riedenburg im Biergarten Unterkrieger geplant, vor Hunderten Leuten. Ich aber hatte bisher nur im kleinen Rahmen gespielt. Mir schlotterten die Knie, je näher der Auftritt rückte. Also fragte ich einen befreundeten Gitarristen, ob er mitmacht. Tat er. Wir übten ein kleines Set zusammen ein, bekannte Hits, so richtig schön zum Mitsingen. Schon während des Konzerts fiel dann allerdings die Last von mir ab und die Anspannung verwandelte sich in Euphorie, die Stimmung des Publikums war grandios. Pure Freude und Begeisterung. Seither traue ich meinen spontanen Entschlüssen und meiner Intuition deutlich mehr als früher.
»Als ich auf der Bühne stand und vor mir Hunderte von Menschen tanzten und lachten, war ich überwältigt.«
Bernd Osterkamp stellv. IT-Leiter
Es war eine Schnapsidee: Meine Schwester hatte gewettet, dass sie mit Kollegen einen Halbmarathon laufen würde. Das Problem war: Sie war noch nie Langstrecken gelaufen. Kurzerhand funktionierte sie mich zum Trainingspartner um. Aber es gab noch ein Problem: Auch ich war noch nie so weit gelaufen. Also begannen wir zwei Neulinge unser dreimonatiges Crashtraining. Zu zweit gab es keine Ausreden, und unsere inneren Schweinehunde bellten glücklicherweise abwechselnd. Im Mai 2007 kam der große Moment: Wir liefen in 2:34:45 Stunden den Odlo Halbmarathon Ingolstadt. Dass wir als Gruppe liefen, motivierte mich, und dass ich Tage danach noch Schmerzen haben würde, wusste ich vorher glücklicherweise nicht. Mut ist eine Mischung aus Unwissenheit und Zuversicht. Kommt eine Herausforderung auf einen zu, muss man eben durch. Und mit einer positiven Grundhaltung ist alles halb so wild.
»Aus einer Wette meiner Schwester wurde mein erster Halbmarathon.«
Tobias Kraus Ergotherapeut
Als kommissarischer Leiter der Ergotherapie bin ich es gewohnt, zu helfen. Dann aber zwang mich ein Bandscheibenvorfall 2016 auf die andere Seite und ich wechselte als Patient in unsere Klinik in Ingolstadt. Ein seltsames Gefühl, aber ich hatte größtes Vertrauen in unsere Ärzte und Therapeuten. Völlig unerwartet zogen mich Mitpatienten ins Vertrauen, denn ich war ja sozusagen inkognito. Und es ist wirklich schräg, worüber Leute meckern. Der Therapeut sei inkompetent, er, der Patient, weiß alles besser. Die Klinik sei mies und sogar die Löcher der Salzstreuer seien zu groß. Man glaubt es kaum. Aber ich weiß heute, dass Menschen, die hilflos sind, auch mal mies drauf sind. Auch diese Meckerei schärfte meinen Blick für die Bedürfnisse unserer Patienten. Vieles, was Gesunde nicht so schlimm finden, finden Kranke eben doch unerträglich. Ich habe viel daraus gelernt. Aber unsere Salzstreuer sind die gleichen geblieben.
»Plötzlich musste ich selbst in die Therapie. Es war spannend, worüber Patienten so meckern.«
Bildnachweis: Julian Rupp