Tanzen ist uralt, ein Ritual, Brauchtum, darstellende Kunst, Sport, eine Form sozialer Interaktion, Gefühlsausdruck. Und eine Therapieform. Auch beim Passauer Wolf Bad Gögging. Der Physiotherapeut Stefan Ipfelkofer betreut dort die Patientengruppe »Schäfflertanz«. Wir haben mit ihm gesprochen.
Was begeistert Sie am Tanz als Therapieform?
Das Tanzen macht den Patienten einfach Spaß, die Musik beflügelt und zaubert nicht selten ein Lächeln aufs Gesicht. Patienten entdecken ihre Lebensfreude neu und sehen nicht mehr nur die einschränkenden Aspekte ihrer Erkrankung. Und: Tanzen findet in Gesellschaft statt. Man ist nicht allein und kann sich bei Unsicherheit auch mal an einem Mittänzer anhalten. Auch gut ist, dass die Schwierigkeit des Tanzes an die Möglichkeiten des einzelnen Tänzers angepasst werden kann.
Wie sehen Sie die körperlichen Effekte?
Musik und Tanz wirken natürlich immer auf der emotionalen wie körperlichen Ebene. Auf heitere Weise stärkt Tanzen das Herz-Kreislauf-System. Bei Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, werden die motorischen Fähigkeiten dabei bewusst geschult. Gerade die großen, rhythmischen Schrittfolgen beim Schäfflertanz wirken den kleiner werdenden, unsicheren, schlurfenden Schritten entgegen. Zudem wird das Gleichgewichtsgefühl positiv beeinflusst. Durch die Kombination aus Rhythmus, Bewegung und wechselnden optischen Eindrücken, etwa bei Richtungsänderungen, wird das Gehirn maximal aktiviert. Tanzen ist ästhetisch, erhöht die Beweglichkeit und macht – in Kombination mit der Musik – wirklich Freude. Menschen bewegen sich gerne zu Musik. Das nutzen wir.
Und auf der emotionalen Ebene?
Tanzen wirkt gegen die Angst. Vor der fortschreitenden Erkrankung, dem Kontrollverlust über die eigenen Bewegungen, dem Zittern oder Versteifen, einer möglichen Hilfebedürftigkeit. Tanzen aktiviert, stärkt, ermutigt, vertreibt die Schwermut. Tanzen macht’s einfach leichter.
Und nach dem Aufenthalt in Bad Gögging?
Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut arbeitet der Passauer Wolf an der Plattform Meine-Reha®. Damit wird den Patienten ermöglicht, die gewohnten Therapien zu Hause PC-gestützt fortzuführen.
Was passiert bei Parkinson?
Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. In bestimmten Gehirnarealen sterben nach und nach dopaminhaltige Nervenzellen ab. Warum das so ist, bleibt in den meisten Fällen unklar. Der Mangel an Dopamin behindert zunehmend die Steuerung von Bewegungen, kann aber auch zu psychischen Veränderungen, etwa depressiven Verstimmungen oder Kontaktscheue, führen.
Bildnachweis: Passauer Wolf/Mattea Stahl