Ganz und gar nicht! Das computergestützte Therapieprogramm für Patienten mit Morbus Parkinson macht Spaß wie ein Spiel und ist fast ebenso effektiv wie die konventionelle Therapie. Den nach der Reha bestens bekannten Therapeuten können Patienten in Zukunft mit nach Hause nehmen — als Avatar, der weiterhin das Training begleitet. Daran arbeitet das Team im Passauer Wolf Bad Gögging.
SPEZIELLE THERAPIEN
Im Neurologischen Zentrum für Bewegungsstörungen in der Passauer Wolf Fachklinik Bad Gögging hat man sich auf die Behandlung von Patienten mit Morbus Parkinson spezialisiert. Bei dieser Erkrankung sterben in einem bestimmten Hirnareal, der Substantia nigra, dopaminerge Nervenzellen ab. Symptome betreffen die Motorik. Bewegungen verlangsamen sich, werden unsicher, es kommt zu Gleichgewichtsstörungen, Versteifungen oder Zittern. Auch die Handschrift wird kleiner, unleserlicher, die Stimme leiser und monotoner. Hier setzt die Therapie an. Ergänzend zu den klassischen Therapiemethoden, kommt im Passauer Wolf Bad Gögging ein speziell für Parkinsonpatienten geeignetes computergestütztes Trainingsprogramm zum Einsatz – entwickelt vom Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme in Berlin auf Basis des MeineReha®-Systems.
VOM THERAPEUT ZUM AVATAR
Carolin Biedermann ist es nicht neu, dass sie als Avatar auf Bildschirmen erscheint. Sie leitet die Abteilungen Physio- und Ergotherapie in der Passauer Wolf Fachklinik Bad Gögging. Gemeinsam mit ihrem Team und Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Wächter, Chefarzt der Neurologie im Passauer Wolf Bad Gögging, hat sie die Entwicklung begleitet. Aber nicht nur der Therapeut wird als Avatar auf dem Bildschirm sichtbar, sondern auch der Trainierende. Er wird mittels einer Kamera erfasst und »live« auf den Bildschirm projiziert. »Bei Betroffenen ist das Training von großen Bewegungsumfängen ein Schwerpunkt«, erklärt uns Carolin Biedermann. »Übungen aus der wissenschaftlich evaluierten LSVT-BIG®-Therapie waren deshalb die Basis für die Programmierung. Sie zielt beispielsweise darauf ab, mehr Sicherheit und Weite in der Bewegung zu erreichen.«
TELETHERAPIE ALS SINNVOLLE ERGÄNZUNG
In einer kürzlich veröffentlichten Studie*, die im Passauer Wolf Bad Gögging mit 34 Parkinson-Patienten durchgeführt wurde, konnte der positive Effekt des Trainings per Computerprogramm als ergänzende Therapiemethode nachgewiesen werden. Es wurde verglichen, ob das Training mit einem für die LSVT-BIG®-Therapie ausgebildeten Therapeuten und das Training mit dem speziell entwickelten Programm dieselben Effekte erzielen. Über vier Wochen trainierten die Studienteilnehmer entweder mit dem Therapeuten oder dem Avatar. In beiden Gruppen konnten die Nutzer ihre motorischen Fähigkeiten nach 16 Einheiten verbessern und gaben ein Plus an Lebensqualität an. Die computergestützten Übungen hatten einen vergleichbaren Effekt, wie die Therapie mit dem Therapeuten. »Natürlich bleibt der Kontakt von Mensch zu Mensch die Grundlage jeder medizinischen Behandlung, aber wir waren überrascht, wie gut die Therapie mit dem Computer von Patienten angenommen wurde. Insbesondere ältere Patienten hatten Spaß an der neuen Art des Trainings«, so Chefarzt der Neurologie, Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Wächter. Das Programm stellt eine gute therapeutische Ergänzung dar, die auch das gezielte Training zu Hause effektiv begleiten kann. Aktuell wird daran gearbeitet, das zu ermöglichen.
Bildnachweise: Fraunhofer FOKUS, Andreas Riepl