Christian Regner gehört zu einer aussterbenden Zunft: Er ist einer der letzten echten Handwerksbäcker in der Region. Er jobbte als Discjockey und reiste um die Welt, doch dann kehrte er zurück in die elterliche Bäckerei. Aus Liebe. Zum Backen und zu seinen Eltern.
Christian Regner gehört zu einer aussterbenden Zunft: Er ist einer der letzten echten Handwerksbäcker in der Region. Er jobbte als Discjockey und reiste um die Welt, doch dann kehrte er zurück in die elterliche Bäckerei. Aus Liebe. Zum Backen und zu seinen Eltern. Die Bäckerei ist in der vierten Generation im Familienbesitz. Sowohl Christian als auch sein Vater sind Bäcker- und Konditorenmeister, beide haben sich in der Welt umgesehen. Mit Roggen-, Einkorn- und Dinkelbrötchen punktet Christian bei seinen Kunden. Sein Weizengebäck wird von Menschen vertragen, die Weizen sonst nicht essen können. Einfach, weil es bei ihm keine Backzusätze gibt es duftet umwerfend. Nichts riecht einladender und heimeliger als der Geruch nach frischem, knusprigem Brot. »Sind die Dinkelsemmeln für den Passauer Wolf schon geliefert?«, ruft der Juniorchef Christian Regner in den hinteren Teil der Bäckerei, wo seine Mitarbeiter das Mehl auf den Arbeitsflächen zusammenkehren. In der Bäckerei und Konditorei Regner ist jetzt, am Morgen, der schwerste Teil der Arbeit getan: Um die 100 Sorten Brote, Brötchen, Teilchen, Kuchen und Torten werden hier von elf Mitarbeitern gebacken. Bei Hitze, bei Kälte, an jedem Tag. Oder besser: in jeder Nacht. Der Arbeitstag von Christian Regner und seinen Kolleginnen und Kollegen beginnt um zwei Uhr nachts und dauert zehn Stunden. Christians zweite Schicht läuft zwischen 17 und 20 Uhr mit Bestellungen, Rechnungen und Vorbereitungen.

12 Stunden Arbeit am Tag
Dann wieder schlafen. Ab zwei Uhr die Öfen einheizen, die Brötchen gären lassen, rühren, schütten, formen, backen. Christian knetet ein Dinkelbrot. »Man sagt, Bäcker seien die besten Liebhaber, weil sie so gefühlvolle Hände haben«, lacht er. Er nimmt seinen schweren Beruf mit viel Humor. Und er lebt ihn mit Herzblut. Auch wenn er wegen seiner Arbeitszeiten in Bad Gögging einen zweiten Haushalt braucht, weil seine Frau und seine Kinder in München leben. Bäcker und Konditor sind anstrengende Berufe, die immer weniger junge Menschen erlernen wollen. »Seit sechs Jahren haben wir niemanden mehr ausgebildet. Wir finden einfach niemanden. Mich wundert es nicht. Ich selbst stünde auch nicht hier, wenn nicht meine Eltern mit dem Betrieb in Not geraten wären.«
Der backende Discjockey
2010 lag das Handwerk überall am Boden, auch der elterliche Betrieb. Immer mehr Bäckereien schlossen, weil ihnen Aufbackdiscounter das Wasser abgruben. 55.000 Traditionsbäckereien gab es vor 50 Jahren in Deutschland. 2015 waren es nur noch 12.155. Sie werden geschluckt von Großbetrieben oder Billigbackketten. Deshalb kam Christian zurück, nach einer Reise um die Welt. »Auch meine Eltern, Vater Konditor- und Bäckermeister, Mutter Fachverkäuferin, verließen früh das heimische Bad Gögging, um sich umzusehen, zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. So unterstützten sie auch meine Idee, zum Lernen in die Welt zu ziehen.« Christian ging nach München. Dann nach Frankfurt zur Konditorenlehre. Später nach Köln auf die Konditorenmeisterschule, nach Berlin ins Ritz-Carlton, nach Hamburg, London und Wien. Er heuerte als Chefpatissier auf der MS Astoria an. Überall, wo er lebte, jobbte Christian als DJ. »Einfach, weil ich die Musik mag. Bis heute lege ich in Köln bei einer Partyreihe auf, den ›Backstage Diaries‹. Musikmachen und Backen haben viel gemeinsam: Du machst es für die Menschen. Sie müssen das mögen, was du machst, sonst kommen sie nicht mehr zu dir. Und dass sie zu dir kommen, funktioniert am besten, wenn du auch mal verrückte und innovative Ideen entwickelst, sie aber immer auf eine klassische Basis stellst.« Und die Leute kommen zu ihm. Mit seinen Dinkel-, Einkorn- und Vollkornprodukten, den göttlichen Torten und Pralinen und dem Speisecafé wirkt der Betrieb proper und erfolgreich. Doch für die Regners reicht es gerade zum Leben. Die Backdiscounter machen auch vor Bad Gögging nicht halt.

Kurze Wege, regionale Zutaten
Christian kritisiert weiter: »Ich glaube übrigens, dass so viele Leute angeblich Probleme mit Weizen haben, liegt ebenfalls an den Discountern. Dort backen sie tiefgefrorene Teiglinge aus dem Ausland, die nicht in Ruhe gären dürfen und vollgestopft sind mit Emulgatoren und Fermenten. Da meutert doch jeder Bauch! Das gibt’s bei mir nicht. Nur gute Zutaten, kurze Wege, frisches Mehl von der Dorfnermühle und keine Backzusätze.«
Bildnachweise: Dorothea Craven