Passen Trommeln in ein Reha-Zentrum? »Natürlich«, sagt Roland Hartl, Wundmanager und Pflegekraft im Passauer Wolf Reha-Zentrum Bad Gögging. Und initiiert nicht nur Trommel-Workshops, sondern führt sie auch durch.
Eine geriatrische Reha-Abteilung, durch die einmal monatlich die rhythmischen Klänge von Trommeln ziehen, klingt irgendwie ungewöhnlich, aber erfrischend, oder? Wenn sich die Alten verjüngen, muss sich auch die Geriatrie verjüngen. Dabei ist im ersten Schritt am Defizit-Modell des Alters zu rütteln. Roland Hartl hat dies ganz selbstverständlich und »nebenbei« fast drei Jahre lang getan. Über solche Ideen von Mitarbeiter:innen, die aus privaten Leidenschaften kreative Angebote entwickeln wollen, freuen wir uns immer.
DIE BÖSEN GEISTER VERSCHEUCHEN
Roland Hartl begeistert sich fürs Trommeln. »2016 habe ich privat eine 14-monatige Fortbildung zum Rhythmus- und Percussiontrainer abgeschlossen«, erzählt er. »Wurden früher böse Geister durchs Trommeln verscheucht, so vertreibt es heute Depressionen, Anspannung oder Aggressionen und stärkt auch die Konzentration.«
DER GUTE ANFANG
Als eine Patientin bei einer Veranstaltung im Reha-Zentrum ihre Gedichte vortrug, begleitete Roland Hartl ihre Lesung mit Klangkörpern und Trommeln – ein besonderes Erlebnis. Gemeinsam mit Gerlinde Beckstein, Gastgeberin im Passauer Wolf Bad Gögging, entstand dann die Idee, einmal im Monat eine Trommelstunde für Patient:innen anzubieten. Beim ersten Mal kamen 25 Teilnehmer:innen, Patient:innen, Angehörige mit Enkeln, ein paar Therapeut:innen – eine bunte Truppe. »Das hat gleich Spaß gemacht«, sagt Roland Hartl.
VON SAMBA BIS BEETHOVEN
»Wir haben unterschiedliche Trommelstile probiert, natürlich in langsameren und einfachen Rhythmusfolgen«, führt Roland Hartl aus. »Aber vom Rio-Samba über den westafrikanischen Malinké-Stil oder Rock-Rhythmen bis hin zum Anfang von Beethovens 5. Sinfonie war alles dabei. Die Instrumente habe ich selbst gebaut und mitgebracht: Bass-Trommeln, Djemben und Kleinpercussion.«
VERSUCH GEGLÜCKT
»Die meisten Teilnehmenden konnten sofort mitmachen«, erzählt Roland Hartl. »Sie konzentrierten sich erstaunlich schnell auf die Abfolge der rechten und linken Hand bzw. auf den Rhythmus des Trommelschlegels. Selbst GeriatriePatient:innen mit Apoplex (Schlaganfall) und einer Halbseitenlähmung konnten am Trommeln teilnehmen. Nach nur wenigen Minuten haben sie ihre Sorgen, Nöte und Einschränkungen vergessen und waren mit allen Sinnen dabei.«
