In der letzten Ausgabe der Wolfsspur haben uns Clemens Scherbel und Christopher von Stelzer von ihrem rasanten Weg zum Weltmeister-Titel in der Sportart Hyrox erzählt. Was ist ihr Erfolgsrezept? Wie schaffen sie es motiviert zu bleiben? Und woraus gewinnen sie ihre mentale Stärke? Die beiden Athleten geben uns einige wertvolle Tipps für den Einstieg an die Hand. Perfekt geeignet für alle, die sich selbst einmal an Hyrox herantasten wollen. Für alle anderen bieten die gebündelten Weisheiten der beiden wichtige Impulse in Sachen Disziplin, Motivation und mentaler Gesundheit, die sich auf viele Bereiche des Lebens übertragen lassen.
Balance
Das Training in den Alltag einzubinden ist nicht immer einfach mit Vollzeitjob. Beide arbeiten als Ingenieure in der Technischen Entwicklung, Clemens in Ingolstadt, Christopher in Herzogenaurach. Bei Clemens kommt noch die Familie hinzu. Um Balance geht es auch beim Austarieren der Wochentage, die auf das Training entfallen und bei der Kraft, die für die einzelnen Übungen aufgebracht wird. Wichtig für Clemens: »Wie schnell muss ich laufen, um die Workouts trotzdem noch gut zu machen und wie schnell muss ich die Workouts machen, um noch gut laufen zu können? Die Balance entscheidet über das Endergebnis. Es ist natürlich vor allem viel Disziplin gefordert, um das Ganze überhaupt durchzuziehen und Zeit-Management, um alles so zu planen, dass am Ende nichts zu kurz kommt, weder Beruf, noch Familie noch man selber.«
Disziplin
Ist zuerst die Disziplin da und dann steckt man sich Ziele oder steckt man sich zuerst Ziele und die Disziplin kommt dann schon? »Die alte Frage: Ei oder Huhn – was war zuerst da? Es geht immer darum, was man herausbekommen möchte mit dem Einsatz, den man bereit ist zu investieren«, bringt es Christopher auf den Punkt. Beide investierten gut zwei Stunden täglich für die Wettkampfvorbereitung. Clemens hat »in der harten Phase vor der Arbeit schon eine Laufeinheit gemacht. 5:30 Uhr, dann nochmal in der Mittagspause, wenn es sich ergeben hat, oder nach der Arbeit, bevor ich die Kinder abgeholt habe noch die zweite Einheit.« »Ich sage mal so: Wenn man was erreichen will im Sport, muss man diszipliniert und ambitioniert sein. Es gibt bestimmt auch Ausnahmen, die zwei Tage vor einem Wettkampf noch einen draufmachen können und trotzdem Leistung abliefern. Am Ende des Tages ist es der Trainingsfleiß, der zählt«, das sei wie in der Schule, sagt Christopher: »Wenn man nicht lernt, hat man automatisch eine schlechte Note. Wenn man lernt, hat man zumindest die Möglichkeit eine gute Note zu erreichen.«
Man muss immer realistisch bleiben.
Ernährung
Für Clemens war seine Verletzung am Sprunggelenk Anlass, sich mit der Ernährung zu beschäftigen. Der Film »The Game Changers«, eine Netflix-Dokumentation, brachte ihn zu vegetarischer, fast veganer Ernährung, die ihn, wie er sagt, auch zu einem Leistungsschub geführt habe. Auch Christopher ernährt sich fleischlos. »Da muss jeder sein eigenes Geheimrezept finden«, sagt Christopher. Er setzt auf eine gute Mischung aus hochwertiger Energie aus Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten. Und nicht nur was man isst, sondern vor allem auch »wie viel man isst, ist wichtig«, sagt er. »Ein leeres Auto fährt nicht. Mit einem höheren Grundumsatz und ein bis zwei Stunden Sport am Tag müssen wir uns schon mindestens 3.500 kcal zuführen. Das unterschätzen viele.« »Es ist auch ein Ausprobieren«, sagt Clemens. »Das ist auch das Schöne«, meint Christopher, »wenn man mal einen Schritt zurückgeht von der Standardernährung, weg von der typischen Leberkässemmel, dann öffnet sich auf einmal eine neue große Welt.« Auch das Timing spielt beim Essen eine Rolle. Mit vollem Magen trainiert es sich schlecht. Stress und Nervosität in Wettkampfsituationen haben Einfluss auf die Verdauung.
Motivation
Für die beiden sind Wettkämpfe Motivation. Aber nicht nur. Für Christopher stellte sich während Corona, als keine Wettkämpfe stattfanden, die Frage »Für was trainiert man? Dann war die Antwort: Naja, du bist fit, du bist gesund. Du kannst Dinge machen, die andere nicht machen. Das sollte man auch wertschätzen. Da habe ich gemerkt, dass man sich auch selber fordern kann. Man braucht nicht unbedingt Wettkämpfe. Man kann einfach sagen: Heute radle ich mal von Ingolstadt bis nach Pfaffenhofen. Man kann sich diese eigenen Challenges im Alltag suchen. Außerdem lehrt einem jeder Sport so viel für den Alltag. Sport stärkt dein Durchhaltevermögen, das dir dann in nervigen Situationen in der Arbeit oder in der Familie weiterhilft — auch das Mentale wird gefördert. »Außerdem hat jeder so seine Rituale«, erzählt Christopher, dessen Ritual vor dem Wettkampf das Hören eines bestimmten Songs ist.
Realistische Einschätzung
Während Clemens sich eher als Wettkampftyp einschätzt, der sich immer schon mit anderen messen wollte, ob beim Fußball oder bei anderen Sportarten — »Hyrox ist prädestiniert dafür, sich mit anderen zu vergleichen« — sagt er, setzt Christopher auf den Vergleich zu den eigenen Leistungen. »Ich finde es schwierig, sich mit anderen zu vergleichen, weil jeder andere Voraussetzungen, Trainingsbedingungen, etc. hat. Ich bin großer Fan davon, sich im Sport nur mit sich selbst zu vergleichen. Z.B. habe ich eine bestimmte Zeit im Halbmarathon, die ich unterbieten will. Ich vergleiche mich aber nicht mit einem Profi, der vielleicht noch 20 Minuten schneller läuft. Das zieht einen eher runter. Man muss auch immer realistisch bleiben.« Wenn man allgemein fit ist, dann sind zwei Monate Training auf den Wettkampf realistisch. Ansonsten raten die beiden dazu, ruhig anzufangen, um nicht die Lust und den Fokus zu verlieren. Für Christopher heißt das: »am Anfang vielleicht zweimal die Woche laufen, mit und ohne Intervalle. Das können 200 m schnell sein, dann wieder 2 bis 3 Minuten langsam oder bis zu einem km schnell. Das Ganze dann einfach mit den Übungen wie Kniebeugen, Klimmzügen und Rudern verbinden.«
Regeneration
»Das wichtigste ist ein gesunder Lebensstil. Der fängt ja bei der Ernährung an, dann kommt der Stress und dann der Schlaf. Also ich kriege wirklich 7 bis 9 Stunden Schlaf pro Nacht und das braucht der Körper auch. Schlaf füllt alles wieder auf, du bist mental wieder da, auch für den Körper ist es wichtig. Man zerstört ja immer Muskeln oder andere Teile des Körpers im Training. Das muss erst mal wiederaufgebaut werden. Wenn man dem Körper nicht ausreichend Schlaf gibt, dann kann man das ein paar Wochen und Monate so machen, aber irgendwann rächt sich das. Kleine Entzündungen im Körper, schmerzende Gelenke, dann zwickt mal da eine Sehne und das kann sich dann über Wochen und Monate ziehen, bis das komplett weg ist. Wir haben Glück, dass wir normal arbeiten«, findet Christopher. »Jemand, der Wechsel- oder Nachtschicht arbeitet, hat eine ganz andere Belastung. Da muss man vermutlich seine Ziele daran anpassen.«
Weitere Impulse und Informationen rund um das Thema Hyrox gibt es online unter hyrox.de.
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