Stefan Wählt, früher im Duo „Der Bertl und i“, heute als „Petzenhauser und Wählt“ und mit seiner „iBand“ unterwegs, ist Niederbayerns bestgehütetes Kabarettgeheimnis. Dabei ist er ein Jahr im Voraus ausgebucht. Und doch war er in seiner 25-jährigen Karriere noch nie im Fernsehen. Wir finden: Das muss sich ändern.
Kennen Sie Stefan Wählt? Wenn Sie in den letzten Jahren das abgrundtief-komische niederbayerische Programm „Männer 5.0“ des Duos „Der Bertl und i“ gesehen haben, dann auf jeden Fall. Er war das „i“ neben dem Bertl aka Herbert Bachmeier: Stefan Wählt, 14 Jahre lang als „i“ unterwegs, dazu Gründer der iBand (Sprich i-Bänd). Dieser „i“ tritt nach seinem Dasein als Einzelbuchstabe aus dem prestigearmen Bühnenschatten und will sich der Welt nun endlich unter seinem eigenen Namen zeigen. Aber nicht als Solokünstler, wie viele seiner Fans gemutmaßt haben, sondern in einem neuen Duo: als Petzenhauser & Wählt, diesmal mit einer jungen Frau, Eva Petzenhauser, genauso schlagfertig und genauso witzig wie er selbst.
AUS VERSEHEN BERÜHMT
In Niederbayern gilt Stefan Wählt als Lokalmatador, und er füllt große Hallen. Außerhalb von Bayerns Grenzen aber kennt man ihn kaum: „Vielleicht, weil ich mit meinem niederbayerischen Humor so räumlich begrenzt arbeite“, meint er. „Oder vielleicht auch, weil ich noch nie im Fernsehen war.“ Wie kann das sein? „Wir hatten noch nie eine große Münchner Agentur wie viele andere, die von den Agenten in den TV-Sendern vorgeschlagen werden. Unsere Karriere ist völlig unerwartet und sozusagen aus Versehen gestartet.“ Tatsächlich war es ein lupenreiner Senkrechtstart. 1996 organisierte Stefan Wählt, damals noch mit einem Gitarrenduo als Hobbymusiker unterwegs, das Eggenfeldener Starkbierfest: „Ich fand, wir sollten es den Münchnern auf dem Nockherberg gleichtun und unsere lokalen Politiker auch mal durch den Kakao ziehen.“ So wurden sowohl Herbert Bachmeier als auch Stefan Wählt zu regionalen Berühmtheiten. Bachmeier als Volksschauspieler und Wählt als frecher Musikant, der mit Gitarre und scharfem Mundwerk feinsinnig und böshumorig austeilen konnte. Bei ihrem allerersten Auftritt 2002 als „Bertl und i“ verkauften sie dann völlig überraschend gleich 3000 Karten.
SCHLAFLOS IN EGGENFELDEN
„Ich konnte nächtelang nicht schlafen“, erinnert sich Wählt. „Das war so gar nicht geplant. Damals sollte ein Eggenfeldener Künstlerfest organisiert werden, bei dem auch mal lokale Acts auftreten sollten, und die Organisatoren erinnerten sich an unseren Starkbierreden. Der Bertl und i taten uns extra dafür zusammen und erarbeiteten unser erstes von sechs Programmen, die es in den nächsten 14 Jahren geben sollte.“ So kam das Duo über Nacht zwar nicht Rubrik Inspiration zu Weltruhm, wohl aber zu einer veritablen Fangemeinde. Zuerst im Umkreis, dann im ganzen Bundesland. Der feinsinnige Humor der beiden Niederbayern kam an, und er machte Furore, denn Sprachbarrieren gab es kaum. Wählt: „Wir haben immer allgemeine Themen behandelt, nicht nur niederbayerische. Und man versteht uns vom Dialekt her auch in Oberbayern, denn Eggenfelden ist nicht weit von Altötting. Sogar die Franken verstehen uns.“
HUMOR HILFT GEGEN ALLES
Aber was eigentlich ist niederbayerischer Humor? „Der ist hinterfotzig, etwas schwarz und abgründig. Loriot wäre ein guter Niederbayer gewesen. Und je weiter man in den Bayerischen Wald vordringt, desto schwärzer wird der Humor.“ Django Asül stammt aus Niederbayern, Fredl Fesl, Otti Fischer, Luise Kinseher, Sigi Zimmerschied, Lisa Fitz, Bruno Jonas und Martin Frank, der Bayerische Kabarettpreisträger 2018. Muss man Humor haben, um Niederbayern ertragen zu können? Stefan Wählt lacht laut: „Kann gut sein! Die Oberbayern haben wirklich einen anderen Humor, mögen unseren aber auch. Obwohl sie immer ein wenig auf die Niederbayern hinabschauen. Auch die Oberpfälzer haben einen eigenen Humor. Bis wir die in unseren Programmen zum Lachen bringen, das dauert schon, da muss man sich echt durchbeißen“, erzählt er gutgelaunt. Nach ein paar Minuten aber sind auch die Oberpfälzer begeistert von dem Duo. Doch auch andere lieben Wählt: Firmen zum Beispiel. Auch beim Passauer Wolf war er bereits zu Gast.
WÄHLTBEWEGENDES
Einige Unternehmen baten Stefan Wählt, bayerisch-muntere Telefonwarteschleifen zu gestalten und zu sprechen, und so manche fröhliche bayerische Werbung stammt ebenfalls von ihm. Dazu schreibt er mit „Wähltbewegendes“ eine vierzehntägige, intelligente, spritzige Kolumne in der Passauer Neuen Presse „über bewegende Themen an Rott und Inn“ und bespaßt auch große Firmenveranstaltungen als Moderator oder Bühnenkünstler. „Aber niemals ernsthaft. Immer mit Augenzwinkern, satirisch, kabarettistisch, komödiantisch, wie immer man es nennen mag. Ich muss da immer ich selbst bleiben, sonst geht es nicht. Das Ganze ist auch eine gute Schule, denn Fäkalhumor, Derbes oder abwertende Geschichten gehen auf Firmenfeiern gar nicht. Das ist auch der Ansporn von Eva Petzenhauser und mir: feinen Humor ohne Zeigefinger zu entwickeln, der andere nicht in die Pfanne haut. Höchstens uns selbst. So wie ihn Gerhard Polt oder Karl Valentin schufen.“
GITARRE FÜR DIE MÄDELS
Im Jahre 2005 konnte er seinen eigentlichen Brotberuf als Bekleidungsingenieur an den Nagel hängen und von seiner Arbeit als Künstler leben. Kaum zu glauben, dass Stefan Wählt als Kind sehr schüchtern war: „Und wie! Ich wurde knallrot, wenn ich an die Tafel vor musste.“ Gerettet hat ihn der Kirchenchor: „In der Gruppe zu singen hat mir dann viel weniger ausgemacht. In der Kirche wurden wir weder kritisiert noch ausgelacht, wenn wir mal daneben gekrächzt haben. Dazu kann man nach Herzenslust seine Stimme ausprobieren und auch lernen, lauter zu werden.“ So stand er plötzlich auf der Bühne.
„Der Stimmbruch hat meine Chorkarriere beendet. Außerdem wollte ich sowieso cool sein und begann, Gitarre und Klavier zu lernen. Gitarre für die Mädels. Das Resultat war, dass ich als Teenager ständig an irgendwelchen Lagerfeuern gespielt und gesungen habe, während die Mädels mit anderen Jungs geschmust haben. Das konnte ich ja nicht – mit vollem Mund kann man nicht singen.“ Heute ist er glücklich mit Lebensgefährtin Maria liiert. Seiner Karriere mit Duopartnerin Eva Petzenhauser kommt das nicht in die Quere: Denn „g’essen wird dahoam“.
Bildrechte: Privat/Stefan Wählt, Hannes Höchsmann/Eggenfelden, Doris Kessler/Eggenfelden, Brauerei Aldersbach, Siegfried Kerscher/Mitterskirchen