Den kleinen Zusatz »Bad« vor den Ortsnamen setzen zu dürfen, ist gar nicht so einfach. Da reicht es nicht, dass unterirdisch das Heilwasser sprudelt. Um den Bäderstatus zu erhalten, braucht es engagierte Menschen, die die Bedeutung der Heilmittel erkennen und sich für sie einsetzen.
Zwei Bäder und eine Pionierin. In Bad Gögging kam diese Konstellation vor 100 Jahren zusammen. Ab Juni 1919 wurde aus Gögging offiziell – Bad Gögging. Der damalige Bürgermeister und Besitzer des Trajansbads, Hans Huber, stellte den Antrag, dem das Ministerium des Inneren der jungen Weimarer Republik zustimmte. Die Vorarbeit dazu leistete eine starke Frau. Barbara »Betty« Hauber übernahm 1908 zusammen mit ihrer Schwester Kreszenz das 1876 errichtete Römerbad. Sie war es, die den Weg zum staatlich anerkannten Kurort ebnete. Zwei Jahre nach der Übernahme des Kurhauses setzte sie sich für den Erhalt und den Schutz der Schwefelquellen ein. Durch zwei Weltkriege und die Hyperinflation der 20er Jahre hindurch führte sie das Römerbad erfolgreich und beeinflusste damit die Entwicklung des Kurortes Gögging maßgeblich.
VON RÖMERN UND BAJUWAREN
Mit oder ohne »Bad« im Namen: Die Heilwirkung des Schwefelwassers ist unumstritten. Und hat eine lange Geschichte. Nicht umsonst hießen die ersten beiden Kurhäuser in Gögging »Römerbad« und »Trajansbad«. Auch die heutige Limes-Therme leitet sich ihren Namen von den historischen Wurzeln des Ortes ab. Noch vor den Römern wussten wahrscheinlich bereits die Kelten um die heilsame Wirkung des Wassers. Belegt ist die Nutzung der Schwefelquellen aber erst aus der Zeit der Römer, die die Region um 15 v. Chr. besiedelten. Und ihre Vorliebe für das Bad in einer Therme mitbrachten. Dass Bad Gögging römischen Ursprung haben könnte, vermutete man schon zu Zeiten Betty Haubers. Als Anfang der 1960er Jahre dann eine antike römische Badeanlage unter den Fundamenten der Ortskirche auftauchte, wurde aus der Vermutung Gewissheit. Heute weiß niemand mehr genau, wie lange die römischen Thermen in Betrieb waren. Spätestens nach dem Abzug der Römer gerieten sie in Vergessenheit. Die Bajuwaren zogen in das Gebiet, die Badeanlage verfiel. Das Heilwasser sprudelte aber weiter: »Keckinga«, die erste belegte Erwähnung des Ortes aus dem Jahr 823, bedeutet übersetzt »lebendige Quelle«. Im Mittelalter, lange nachdem die antiken Thermen mit der Andreaskirche überbaut wurden, entdeckten die Bewohner den Nutzen der wohltuenden Quellen wieder. So war beispielsweise Herzog Ludwig der Reiche 1470 in Bad Gögging zu Gast.
DER KURORT BOOMT
In den darauffolgenden Jahrhunderten erlebte Bad Gögging eine tumultreiche Geschichte. Der Ort wurde mehrere Male zerstört und wieder aufgebaut. Ende des 19. Jahrhunderts eröffneten die ersten »modernen« Badehäuser. Nach zwei Weltkriegen, in denen Römerbad und Trajansbad zu Lazaretten umfunktioniert wurden, kam in den 50er und 60er Jahren auch der Kurbetrieb wieder ins Rollen.
In den 70er Jahren setzte sich ein Zweckverband rund um Pfarrer Karl Rüth und Raiffeisendirektor Erich Griebl für die Weiterentwicklung des Kurortes ein. Sie waren es, die eine neue Bohrung zur Erschließung des Kurgebiets veranlassten. Und bei dieser Bohrung stießen sie tatsächlich auf einen kleinen Schatz: eine Natrium-Hydrogencarbonat-Chlorid-Therme mit 24 °C – das Thermalwasser, das jüngste Heilmittel des Ortes. Dieses Wasser nutzt die 1979 eröffnete Limes-Therme, die mit inzwischen 10.000 Quadratmetern Gesamtfläche zu den größten Kur- und Erholungsbädern Bayerns zählt.
Heute besitzt Bad Gögging als einziger bayerischer Kurort drei staatlich anerkannte Heilmittel: Schwefelwasser, Moor, und Mineral-Thermalwasser. Aber wie schon vor hundert Jahren reichen die Heilmittel allein nicht aus, den Bäderstatus aufrecht zu halten. Und auch heute gibt es Menschen, die sich mit vollem Engagement für den Kurort einsetzen. Denn neben der hohen Qualität der Heilmittel müssen auch Luftqualität und Ortscharakter stimmen. So wird sichergestellt, dass sich Gäste in Bad Gögging auch in Zukunft gut erholen. Wie schon die Römer lange vor ihnen.
Heilender »Stinker«
Ja, es stimmt: An den Geruch des Bad Gögginger Schwefelwassers muss man sich erst einmal gewöhnen. Der leicht faulige Geruch ist nicht gerade anziehend. Und dennoch wird der »Stinker«, wie das Schwefelwasser von den Einheimischen getauft wurde, schon seit der Römerzeit als Heilmittel geschätzt. Die Quellen in Bad Gögging enthalten besonders viel Sulfidschwefel, der besonders wichtig in der Therapie ist. Schwefel ist ein Eiweißbaustein in unserem Körper, der eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und beim Aufbau unserer Gelenke spielt. Ein Bad im Schwefelwasser hilft vor allem bei Gelenk- und Rückenschmerzen, aber auch bei Hautleiden wie Schuppenflechte oder Neurodermitis. Wer mutig ist, trinkt das Wasser auch direkt aus einem der Brunnen an der Limes-Therme.
»Ich empfehle: Nase zuhalten und trinken — es schmeckt weit besser als es riecht. Und was schmeckt schon richtig gut UND ist gesund?«
FRAGEN AN ASTRID RUNDLER, TOURISMUS-MANAGERIN IN BAD GÖGGING
Was haben wir von der Badekultur der Römer behalten?
Astrid Rundler: Die Römer machten das Baden durch die Errichtung großer, öffentlicher Badehäuser zu einer beliebten Beschäftigung für die gesamte Bevölkerung. Man ging in die Thermen, um seine Freizeit zu verbringen, Sport zu machen, den Körper zu pflegen, aber auch um zu essen und Freunde und Bekannte zu treffen. Sie sehen – eigentlich hat sich bis heute nicht viel verändert.
Urlaub im »Kurort«: Für viele junge Menschen zu altbacken? Locken Moor, Thermal und Schwefel auch heute noch?
Astrid Rundler: Ich finde, es liegt einfach in der Natur der Sache, dass sich junge Menschen nun mal lieber ein Urlaubsziel aussuchen, an dem es Angebote für ihre Altersklasse gibt. Dinge wie rasante Mountainbike-Touren, coole Festivals oder Partymeilen wird man in einem Kurort eben nicht finden – und das ist auch richtig so. In einem Ort, der das Prädikat »Heilbad« führen darf, ist alles darauf ausgerichtet, dass die Gäste abschalten und sich erholen können. Interessant werden Besuche in Kurorten und natürliche Heilmittel dann, wenn man mitten im Berufsleben steht und sich nach einer Auszeit zum Entspannen, Durchatmen und Verwöhnenlassen sehnt.
Zu welcher Jahreszeit ist Bad Gögging besonders schön? Was kann man zu dieser Zeit hier unternehmen?
Astrid Rundler: Ich bin der Meinung, dass Bad Gögging zu jeder Jahreszeit etwas Besonderes zu bieten hat. Während andere Urlaubsorte saisonalen Schwankungen unterlegen sind, kommen die Gäste nach Bad Gögging gleichermaßen das ganze Jahr über. In den Wintermonaten ist Bad Gögging das Paradies für Wellness- und Gesundheitsurlauber, die sich – bei Schmuddelwetter draußen – innen in der Limes-Therme oder in den großen Wellness-Bereichen der Vier-Sterne Hotels verwöhnen lassen. In den übrigen Monaten – also in der Sommerzeit bis in den Herbst hinein – lässt sich die Umgebung von Bad Gögging besonders gut mit dem Rad oder entlang unserer vielen Wanderwege erkunden. Im größten Hopfenanbaugebiet der Hallertau gelegen, bietet Bad Gögging viele lohnende Ausflugsziele wie z. B. die Kuchlbauer Bierwelt mit dem Turm nach Hundertwasser oder das berühmte Kloster Weltenburg am Donaudurchbruch. Persönlich finde ich das Frühjahr hier besonders reizvoll: Wenn am Ort die vielen Frühlingsblumen blühen, in den Parks das frische Grün wieder sprießt und die vielen Biergärten nach dem Winterschlaf zum Leben erwachen.
Bildnachweise: Stadtarchiv Abensberg, Stadtarchiv Neustadt a. d. Donau, Dr. Stefan Salzl, georg-leeb.de