Lieber fröhlich und reich als traurig und arm. Auf diese philosophische Grunderkenntnis konnten sich Wortgelehrte sämtlicher Epochen seit Gründung der Gattung Mensch global einigen.
Während sich die Freude als Gemütszustand gesamthistorisch gesehen nahezu unverändert zeigt, so wandelt sich der Anlass, der zu ihr führt, umso schneller. Während man sich noch vor Jahrzehnten über ein Dach über dem Kopf freute, so braucht es heute mindestens ein Dach, eine Terrasse mit offenem Kamin, einen Swimingpool und eine von zwei SUV bewohnte Doppelgarage – allerdings nur, wenn es sich dabei um das Ferienhaus an der Côte d’Azur handelt.
Führte es früher zu schnitzelartiger Freude, wenn wir unseren Kindern zu Weihnachten ein selbstgenageltes Federmäppchen oder einen gebrauchten Fußball schenkten, so müssen wir heute selbst beim finanzaufwändigen Kauf einer Playstation- 4-Pro-Konsole damit rechnen, dass das genervte Fortgepflänz fragt, was genau wir an „X-Box-One“ nicht verstanden hätten.
Die giftigsten Zungen im Schlangenwald behaupten, Freude sei überhaupt nur die Abwesenheit von Information. Werden uns doch täglich ungeschützt sämtliche Katastrophen um Augen und Ohren gepfeffert wie Überschwemmungen, Bürgerkriege oder der Beziehungsstatus von Florian Silbereisen. Freude ist meistens nur eine Sache der Einstellung. Wer sich darüber ärgert, dass ihm ein Vogel auf den Kopf kackt, könnte sich bekanntlich auch darüber freuen, dass Kühe nicht fliegen können.
Und schließlich sei, wenn man Volkes Mund glauben möchte, geteilte Freude gar doppelte Freude. Da möchte ich aus Erfahrung widersprechen, vor allem wenn es sich um den Genuss eines Hefeweizens, das letzte Kaviar-Kanapee am kalten Buffet oder das Vergnügen mit dem eigenen Ehepartner handelt. Lieber die halbe Freude und ein Bier für mich allein.
Ihr Stefan Wählt
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